Zu den Forschungsschwerpunkten "Staatstheorie / Politische Konfliktregelung und Interessenvermittlung". Erschienen in: Streeck, Wolfgang (Hrsg.): Staat und Verbände, PVS-Sonderheft 25, Opladen 1995, S. 37 - 64 (hier ohne Fußnoten; Fußnoten nur im veröffentlichten Originaltext).PRINT PDF

Konjunkturen des Korporatismus

Zur Geschichte eines Paradigmenwechsels in der Verbändeforschung

Roland Czada
 

Zusammenfassung:

Der Beitrag resümiert zwei Jahrezehnte Neo-Korporatismusforschung. Die mit dem Begriff "Neo-Korporatismus" seit Mitte der siebziger Jahre verbundene Umorientierung der Verbändeforschung hatte drei Voraussetzungen: 1. Mängel der Pluralismustheorie, insbesondere in Fragen der Wechselwirkung von Vertretung und Verhandlung in Organisationsnetzwerken; 2. Zusätzlicher heuristischer Nutzen und Inkommensurabilität des neuen Konzeptes; 3. Besondere Eignung für die empirisch-analytische und komparative Verbändeforschung. Überdies konnte das Korporatismuskonzept Veränderungen der Interessenvermittlung, etwa im Gefolge wirtschaftspolitischer Strategiewechsel, besser erklären als andere Ansätze. Die demokratietheoretische Kritik des Konzeptes wird zurückgewiesen: Intern geschlossene und nach außen souveräne pluralistische Vetogruppen tragen zur Vermachtung der Interessenpolitik mehr bei als das von gewählten Regierungen kontrollierbare Arrangement konkurrierender und zugleich heterogener Großverbände.

Abstract:

The Concept of "Neo-Corporatism" gave new impulses to the research on interest intermediation. Its breakthrough met three requirements: 1. Insufficiencies of the pluralist approach, mainly with regard to the interaction process of intra-organizational consensus-building and inter-organizational bargaining; 2. heuristic utility and imcommensurability of the new concept; 3. particular suitability for empirical analysis and comparative research. Additionaly the concept could explain changes of interest intermediation, for instance those following from adaptions in economic policy strategies, better than other approaches. The critique of the democratic qualities of corporatist intermediation is being rejected: The confrontation of internally closed and externaly souvereign pluralist veto-groups favours social rigidities and appears to be less visible than the accomodation of competitive and intertnally split big associations, which can be controlled by governments.



 

0. Einleitung

Die "dritte Welle der Verbändeforschung" (Almond 1983: 173), nach dem klassischen Pluralismus der fünfziger und den Neo-Pluralismen der sechziger Jahre, ist mit dem Begriff "Korporatismus" eng verbunden. Die Vorstellung und Beobachtung wohlgeordneter und dauerhafter Verknüpfungen von Staat und Verbänden anstelle einer Vielgestalt punktueller Einflußbeziehungen unterscheidet den Korporatismusansatz von der Pluralismustheorie amerikanischer Prägung. Aus einer Fülle pluralismuskritischer Ansätze hat sich gerade dieses Konzept als neues Orientierungsschema der Verbändeforschung durchgesetzt. Es markiert einen Paradigmenwechsel, den zahlreiche andere Varianten der Pluralismuskritik (Schattschneider 1960; Lowi 1969; LaPalombara 1964; McConnel 1966; Rokkan 1966; Bachratz 1967; Kaiser 1954; Fraenkel 1991; Blanke et. al. 1975) verfehlt hatten.

Die Frage nach Ausmaß, Verlauf und Gründen des wissenschaftlichen Erfolgs des Korporatismuskonzeptes steht im Mittelpunkt des Beitrages. Soweit möglich, soll darüber hinaus eine nunmehr zwanzigjährigen Debatte resümiert werden. Dabei geht es auch um die Frage, warum gerade der von Schmitter (1974) und Lehmbruch (1974; 1977) lancierte Korpopratismusbegriff zu einer "sozialwissenschaftlichen Wachstumsindustrie" (Panitch 1980) geführt hat, und nicht einer der zahlreichen anderen Versuche, die bis in die 60er Jahre vorherrschende, jedoch allgemein als unzureichend empfundene Pluralismustheorie zu überwinden und ein neues, empirisch gehaltvolles Konzept der politischen Interessenvermittlung an ihre Stelle zu setzen.

1. Thesen zur Entwicklung des Korporatismusbegriffes.

Vor zwanzig Jahren begann mit Schmitters (1974) Aufsatz "Still the Century of Corporatism?" die breite internationale Diskussion über einen neuen Korporatismus. Lehmbruch hatte im gleichen Jahr ein IPSA-Papier mit dem Titel "Consociationalism, class conflict and the new Corporatism" in Jerusalem vorgelegt (Lehmbruch 1974a) und zudem in einem von Kenneth McRae herausgegebenen Band zur Konkordanzdemokratie über ein "nicht-kompetitives Muster der Konfliktsteuerung" in der Schweiz, Österreich und dem Libanon berichtet (Lehmbruch 1974b). Wenige Jahre später veröffentlichte Schmitter (1977) ein Sonderheft der "Comparative Political Studies" zum Thema, und er organisierte zusammen mit Lehmbruch einen workshop des "European Consortium for Political Research (ECPR), dessen Ergebnisse in zwei vielzitierten Sammelbänden von Schmitter/ Lehmbruch (1979) und Lehmbruch/Schmitter (1982) veröffentlicht wurden. Mit dem neuen Korporatismukonzept gewann die politikwissenschaftliche Verbändeforschung Auftrieb und Neuorientierung. In Deutschland haben dazu vor allem die Bände von Aleman und Heinze (1979), von Alemann (1981) und Heinze (1981) beigetragen.

Mit politischer Verbändebeteiligung assoziierte man fortan nicht mehr die illegitime "Herrschaft der Verbände" (Eschenburg), sondern eine erwünschte Option sozialer und politischer Steuerung. Außerdem richtete die Korporatismusforschung ihre Aufmerksamkeit auf binnenorganisatorische Probleme und Prozesse. Das eröffnete eine ganz neue Innenansicht von Interessenorganisationen, wie man sie von der Pluralismustheorie nicht gekannt hatte. Deren Verbändebegriff akzentuiert die Autonomie der Gruppen und ihren Einfluß auf Regierungsentscheidungen. Pluralistische "pressure groups" sind "souveräne", nur an die speziellen Interessen ihrer freiwilligen Mitglieder gebundene Handlungseinheiten. Die Wirklichkeit der verbandlichen Interessenvermittlung in westlichen Industriestaaten sieht indessen meist anders aus. Interessenverbände sind in weitläufige Beratungs- und Entscheidungsnetzwerke eingebunden, die oft von Regierungen geschaffen wurden oder von ihrer Unterstützung abhängen. Dies hat Konsequenzen nicht nur für das politische System, sondern auch für die Verbände selbst. Je mehr sie an der Erfüllung öffentlicher Aufgaben teilhaben, desto stärker können Verbandsführungen in einen Zwiespalt zwischen Mitgliederinteressen und externen Verpflichtungen geraten. Andererseits lassen sich verbandliche Integrationsprobleme über externe Einbindung lösen, wenn die Solidarität der Mitglieder gegen staatliche, von der Verbandsführung vermittelte Vorteile getauscht wird.

Die Korporatismusdebatte hat Aspekte institutioneller Einbindung, strategischer Interaktion und binnenorganisatorischer Probleme in den Vordergrund gerückt, die in einflußtheoretischen Analysen zwar am Rande erwähnt, jedoch kaum theoretisch reflektiert wurden. Neben ihrem ausgeprägten Tatsachenblick hat die Debatte zugleich wesentliche Punkte einer schon vorher geführten Pluralismuskritik aufgenommen und weiterentwickelt. Die Frage, inwieweit sie einen Paradigmenwechsel der Verbändeforschung bewirkte, ist von mehr als wissenschaftshistorischem Interesse. Gerade in den Sozialwissenschaften sind es nicht unbedingt disziplininterne Prozesse, die neue Sichtweisen begründen. Vielmehr spielen externe, nichtwissenschaftliche Diskurse und gesellschaftlicher Wandel eine entscheidende Rolle. Es ist eine offene Frage, inwieweit die Korporatismusdebatte vorgängige Formen und Praktiken der politischen Interessenvermittlung lediglich neu interpretieren half, oder ob sie die Antwort auf eine veränderte Wirklichkeit der politischen Interessenvermittlung und der Staat-Verbändebeziehungen darstellt.

1.1 Wachstum der Begriffsverwendung

Der Erfolg einer wissenschaftlichen Neuorientierung kennt zwei notwendige Voraussetzungen (Kuhn 1970: 10): 1. Ausreichende Novität, um eine Gruppe von Anhängern dauerhaft von konkurrierenden Erklärungsansätzen abzuwerben. 2. Ausreichende Offenheit, die eine Menge von Problemen übriglässt, deren Lösung sich diese Gruppe erhoffen kann. Wenn zudem die Hinwendung zu neuen Sichtweisen und Standards wissenschaftlicher Praxis eine eigene Forschungstradition begründet, besteht die Chance, daß der Paradigmenwechsel in "Normalwissenschaft" übergeht, deren Grundlagen allgemein anerkannt und in Lehrbüchern und Lexika zu finden sind (ebenda). Die Korporatismusforschung hat in mancher Hinsicht diesen Zustand der Maturität erlangt, auch wenn der von Bull (1992: 260) berichtete Versuch, das Stichwort in der "International Encyclopaedia for the Social Sciences" im Sinne des neuen Konzeptes zu ändern, zunächst fehlschlug. Unter Korporatismus stand bis 1992 noch 'see fascism', "ohne die Beschreibung von Irgendetwas, was nicht schon unter dem Eintrag 'Pluralismus' zu finden wäre" (ebenda). In den meisten Fachlexika und Lehrbüchern der Politikwissenschaft ist der Begriff des Neokorporatismus inzwischen jedoch fest verankert.

Es war 1974 als Philippe Schmitter und Gerhard Lehmbruch die Debatte in Gang brachten. Die Zahl der Zeitschriftenveröffentlichungen zur korporatistischen Interessenvermittlung ist seitdem zyklisch angewachsen und erreichte 1990 einen absoluten Höhepunkt (Schaubild I). Die Verwendung des Korporatismusbegriffes verläuft nach dem Muster der Verbreitung von Moden analog einer logistischen Wachstumskurve (S-Kurve). Tatsächlich wurde das Konzept zunächst auch als eine Modeerscheinung betrachtet. Da sich aber diese Begriffskonjunktur über nunmehr 20 Jahre hinweg entwickelt hat, kann sie mit dem Faktor Neuigkeitswert schwerlich erklärt werden.

"Der Korporatismus scheint unausrottbar - weder als Gegenstand der Forschung noch als eine Regierungspraxis". Diese von Schmitter und Streeck (1987: VII) geäußerte Vermutung hat sich offenkundig bewahrheitet. Dabei ist zu berücksichtigen, daß es sich bei dem Korporatismusbegriff um einen durch seine Herkunft aus der organischen Ständestaatslehre (Harada 1989) und deren Wiederaufleben im europäischen Faschismus (Viereck 1941) diskreditierten, pejorativen Begriff handelt. Die anhaltende Konjunktur des Korporatismuskonzeptes ist indes nicht nur aus diesem Grund erklärungsbedürftig. Sie erstaunt auch, weil es zahlreiche konkurrierende Ansätze der Pluralismuskritik gegeben hat, von denen einige - etwa im Umfeld der "community power studies" als theoretisch und methodisch fundierter galten (Willimanson 1989: 71); zum anderen, weil renommierte Verbändeforscher das Korporatismuskonzept früh in die Nähe eines Etikettenschwindels gerückt hatten, von dem kein nennenswerter Erkenntniszugewinn zu erwarten sei (Heisler 1974, 1979; Almond 1983; Martin 1983; Beyme 1984; Jordan 1984). Und bis heute hat die Kritik an dem einflußreich gewordenen Ansatz nicht nachgelassen. Reutter (1991: 212.) attestiert der Debatte den Charakter eines "Scheingefechtes", und Bull (1992: 255) schreibt in Reaktion auf eine Kontroverse, die 1988 unter dem Titel "The old and new testaments of Corporatism" zwischen Cox (1988) und Cawson (1988) ausgetragen wurde: "Der maßgebliche Grund für die Beständigkeit der Korporatismusdebatte ist deren Unvermögen, den Standards der politischen Theorie zu genügen und einen überzeugenden Idealtypus vorzulegen, der den Beziehungen zwischen Staat und Interessengruppen gerecht wird".

Die Vorstellung, daß begriffliche Unschärfe eine wissenschaftliche Diskussion beleben und auf Dauer in Gang halten könne, ist nicht von der Hand zu weisen. Kuhn (1970: 157-158, 169) zählt dies ebenso wie Fleck (1936) zu den Erfolgsbedingungen wissenschaftlicher Revolutionen, die sich gerade aus der Kritik theoretisch geschlossener, zur Wirklichkeitserklärung aber unzureichend gewordener Weltbilder entwickeln. Man sollte nun aber annehmen, daß über Jahrzehnte hinweg solche Unschärfen geringer werden und eine Klärung des Konzeptes eintritt. Dies scheint nun in der Korporatismusdebatte bislang nicht der Fall zu sein. Im Gegenteil: Die Dimensionen und Varianten des Konzeptes wurden immer vielfältiger. Was als Versuch zur Beschreibung einer charakteristischen Struktur der Interessenvermittlung (Schmitter 1974) und makroökonomischen Konzertierung (Lehmbruch 1974: 1977) begonnen hatte, wurde auf nahezu jede Form des institutionell befestigten Umganges von Staat und Interessengruppen ausgeweitet und schließt inzwischen die gesellschaftliche Selbstregulierung durch Verbände ein. Schmitters (1989) Ausruf "Der Korporatismus ist tot! Lang lebe der Korporatismus!" verweist auf eine Theorieentwicklung, die oft weniger in die Tiefe, als in die Breite gegangen ist - eine beständige "Landnahme", bei der immer neue "Korporatismen" entdeckt wurden, bis schließlich große Teile der Politikwissenschaft und selbst Nachbardisziplinen durchdrungen waren. Läßt man die Vermutung von Bull (1992) gelten, wonach begriffliche Unschärfe die Debatte vorantrieb, dann erscheint der Vorgang zugleich als Indiz für den Stand der Theoriebildung in den Sozialwissenschaften. Deren theoretische Defizite und Orientierungsbedarfe müssen - so darf man vermuten - außergewöhnlich groß sein, wenn ein in dieser Lesart schillerndes Konzept ein Forschungsfeld nach dem anderen erobert, ohne dabei an begrifflicher Schärfe zuzulegen.

  Was aus der auf konzeptuelle Konsistenz bedachten theoretischen Sicht berechtigte Zweifel wachruft, kann den Bedürfnissen der empirischen Forschung und praktischen Anwendung gleichwohl entgegenkommen. Nicht immer ist die allgemeingültigere, "tiefere Theorie" (Popper 1984: 205) zugleich das am besten handhabare Erkenntnisinstrument. Der höhere Abstraktionsgrad und die systematische Einheit einer solchen Theorie können den praktischen Gebrauch erschweren. Dafür gibt es auch in den Naturwissenschaften zahlreiche Beispiele. Erst recht gilt dies für das Alltagshandeln, das von speziellen anstelle allgemeiner Theorien beherrscht wird, und wo man zum Beispiel mit den Gesetzen der Newtonschen Mechanik besser zurechtkommt als mit der umfassenderen Quantentheorie.

1.2 Realitätsnähe des Konzeptes

Der Kritik am Korporatismuskonzept ist am ehesten dort zuzustimmen, wo sie bestreitet, daß es eine größere Tiefe besitze als die Pluralismustheorie (Heisler 1979; Bull 1992). Tatsächlich wurde dies in der theoretisch informierten Korporatismusdebatte auch nie behauptet. Vielmehr erschienen die Mechanismen institutioneller Verbändebeteiligung als eine Alternative zu pluralistischen Einflußbeziehungen und - entsprechend - die Theorie korporatistischer Verbändeeinbindung als Ergänzung zur Pluralismustheorie (Schmitter 1974; Lehmbruch 1977). Anwendungen in der empirischen Verbändeforschung suggerieren gleichwohl häufig, hier habe ein Paradigma das andere abgelöst. Tatsächlich spricht jedoch vieles dafür, daß die rasche Ausbreitung des Korporatismuskonzeptes nicht durch ihren theoretischen Reifegrad, sondern "nachfrageseitig", aus dem Wachstum der empirischen Verbände-, Politik- und Wirtschaftsforschung zu erklären ist. Dazu gehört die Erschließung immer neuer Verflechtungsformen von Staat und organisierten Interessen. Sie finden sich auf allen Ebenen des politischen Systems, in den meisten Sektoren der Wirtschaft und darüberhinaus in internationalen Regimen und Integrationsräumen (Kohler-Koch 1992, Mazey/Richardson 1993). Die Korporatismusdebatte war meist "stark von einer deskriptiven Vielfalt gefangen" (Williamson 1989: 71), ohne ihre politik- und staatstheoretischen Implikationen offen darzulegen (ebenda). Sie diente weniger der Theorieentwicklung denn als eine Heuristik zum Aufspüren politischer Lenkungsmechanismen, namentlich der Indienstnahme verbandlicher Steuerungsressourcen durch Politik und Verwaltung, die ansonsten vielleicht unerkannt geblieben wären oder nur geringe Aufmerksamkeit gefunden hätten. Die Debatte wäre demnach von einer empirischen Forschung gespeist worden, der es weniger um theoretische Kohärenz ging als um ein heuristisches Modell und Kommunikationsmittel.

In dieser Hinsicht befindet sich die korporatistische Verbändeforschung in einem Übergangszustand der "außerordentlichen bzw. unnormalen (extraordinary, non-normal) Wissenschaft" (Kuhn 1970: 90), die das allgemein anerkannte Fundament einer "Normalwissenschaft" (Normal science) noch nicht erreicht hat. Daraus folgen zwei wichtige Implikationen: Erstens besteht in dieser Phase die Neigung, Dinge auszuprobieren, deren Ergebnis man nur vage oder gar nicht voraussagen kann ("random search", vgl. ebenda: 61, 87). Ein solchermaßen exploratives Vorgehen ist im "Krisenzustand" zwischen Phasen der Normalwissenschaft leichter möglich; und Kuhn zeigt an Beispielen aus der Naturwissenschaft, daß dieser Zustand lange dauern kann. Zweitens besteht die Theoriebildung in dieser Phase aus laufenden Modifikationen und Ergänzungen, die nicht der Rettung eines hergebrachten Konzeptes dienen, sondern das neue vorantreiben (ebenda: 86, Hoyningen-Huene 1989: 226). Die lange Welle der Korporatismusforschung ließe sich nach dieser Interpretation nicht mit dem untersuchten Phänomen selbst erklären, sondern wäre Ausdruck eines der Logik wissenschaftlicher Paradigmenwechsel folgenden Theoriewahldiskurses, der freilich hier weniger durch explizite Falsifikationsversuche als durch einen Theorievergleich geprägt ist (zu dieser Unterscheidung: Hoyningen-Huene 1989: 230f.).

Es gibt eine dritte Erklärung für die Konjunktur des Korporatismusbegriffes. Sie geht über die Thesen eines aus Vagheit sich selbst perpetuierenden Theorieprojektes oder einer forschungspragmatisch nützlichen Heuristik insofern hinaus, als sie bei realen Veränderungen der Staat-Verbändebeziehungen ansetzt und die wechselvolle Korporatismusdebatte als einen Reflex dieser Veränderungen betrachtet. Dies wäre nun die Gegenthese zum Postulat des Paradigmenwechsels, weil hier der Kuhnsche Wissenschaftsbegriff eines Brückenbaues zwischen realer Welt und Erscheinungswelt aufgehoben ist. Wenn reale Veränderungen des Untersuchungsgegenstandes den wissenschaftlichen Diskurs in eine neue Richtung lenken, kann schwerlich von einer wissenschaftlichen Revolution gesprochen werden - die Wissenschaft würde dann nur registrieren, was in der Wirklichkeit revolutioniert wurde. Dies ist eine für die sozialwissenschaftliche Forschung ernstzunehmende Erklärung, weil ihr Gegenstand, anders als die Natur, raschen und bisweilen fundamentalen Änderungen unterworfen ist.

Tatsächlich spielten die aktuelle Politik und daraus abgeleitete Trendbeschreibungen in der Korporatismusdebatte eine stets wichtige Rolle. Streeck und Schmitter (1991: 135, 145ff.) betonen, daß Versuche neokorporatistischer Konzertierung eine Antwort auf Instabilitäten der Jahre 1968 und 1969 sowie auf globale Wirtschaftsprobleme nach 1973 gewesen sind - insbesondere ein Versuch, die Inflationsgefahr dort zu bannen, wo das Forderungsverhalten starker Gewerkschaften den nachlassenden Erfolg keynesianischer Wachstums- und Beschäftigungspolitik vollends vereiteln konnte. Bereits Schmitter (1974, 1982) erklärte die Schwerpunktverlagerung von der pluralistischen zur korporatistischen Interessenvermittlung mit Erfordernissen der Wirtschaftspolitik der siebziger Jahre und prognostizierte einen daran anschließenden Trend zum "Syndikalismus" - eine Spekulation, die angesichts der heutigen Bedeutung dezentraler, betrieblicher und regionaler Institutionen der Interessenvermittlung nicht ganz danebenlag.

Vor allem Lehmbruch (1977) betrachtet den "liberalen Korporatismus" als eine unmittelbare Antwort auf die Probleme keynesianischer Wirtschaftssteuerung, denen die meisten Regierungen in den westlichen Industriestaaten durch Einwirkung auf die Produzentenorganisationen zu begegnen suchten. Die Verknüpfung des Korporatismusthemas mit der in den siebziger Jahren geführten Auseinandersetzung um industrielle Mitbestimmung verweist auf einen ähnlichen zeitgeschichtlichen Zusammenhang (Streeck 1979, 1982).

Die makroökonomischen Steuerungsversuche der siebziger Jahre scheiterten in vielen westlichen Industriestaaten an widrigen institutionellen, politischen und ökonomischen Bedingungen - sei es, weil die Verpflichtungsfähigkeit der Produzentenverbände nicht ausreichte, sei es, weil die korporatistische "Tauschpolitik" zunehmend von der Kapitalseite konterkariert wurde, oder weil die Verteilungskonflikte infolge externer "Ölschocks" und struktureller Anpassungszwänge komplizierter geworden waren. Mit der Wende von keynesianischer Konjunkturpolitik zu angebotspolitischen Strategien, die ausgehend von den USA und Großbritannien in den frühen achtziger Jahren alle westlichen Industrieländer erfasst hatte, veränderte sich auch die Korporatismusdebatte. Die neue Wirtschaftspolitik zielte weniger auf konjunkturelle Stabilisierung als auf eine strukturelle Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit. Entsprechend trat nun korporatistische Verbändeeinbindung als ein Beitrag zur Bewältigung von Strukturkrisen und Rationalisierung der Wirtschaft in den Vordergund (Streeck 1981, 1982; Esser/ Fach/ Väth 1983). In dem Zusammenhang stießen sektorale und regionalpolitische Formen des Korporatismus auf zunehmendes Interesse. Die Selbststeuerung von Wirtschaftsbranchen war außerdem ab 1982 zum zentralen Thema eines von Schmitter und Streeck geleiteten internationalen Forschungsprojektes über Unternehmerverbände aufgerückt (Schmitter/ Streeck 1981; Streeck/Schmitter 1985; Traxler 1985; Farago 1987; Weber 1987; Hilbert 1988). Der publizistische Ausstoß, den dieses Mammutprojekt mit Mitarbeitern aus fast allen europäischen Ländern bewirkte, hat die Konjunktur des Korporatismusthemas bis zu ihrem Höhepunkt im Jahre 1990 (Schaubild I) enorm beflügelt.

Die Neuorientierung der Korporatismusdebatte korrespondiert indes nicht nur mit der Wende von der Globalsteuerung zur Angebotspolitik und zur sektoralen Strukturpolitik. Streeck und Schmitter (1991) erklären den Niedergang des europäischen Makrokorporatismus auch mit der europäischen Integration, die nationale Assoziationsmonopole aufweicht sowie eine Pluralisierung und Regionalisierung der Interessenpolitik zur Folge hat. Nach ihrer These bietet die diffuse und dezentralisierte Struktur der europäischen Politikentwicklung weder Anreiz noch Möglichkeiten zu neokorporatistischer Verbändebeteiligung. Die Konjunkturen des Korporatismus sind auch hier Ausdruck politischer Entwicklungen, die von dem Konzept - wie die Beispiele zeigen - bündig erfasst werden.

2. Grundlinien und Probleme der Korporatismusdebatte

Die Korporatismusdebatte hat sich aus ganz unterschiedlichen Kontexten entwickelt. Schmitter (1974) knüpfte noch an die ständestaatlichen Experimente der Zwischenkriegszeit an, die er Staatskorporatismus nannte, und verglich sie mit modernen, insbesondere in Andrew Shonfields Buch "Geplanter Kapitalismus" beschriebenen Formen der wirtschaftspolitischen Konzertierung und Verbändeeinbindung, die er als "gesellschaftlicher Koporatismus" bezeichnet. Hinzu kam seine Beschäftigung mit lateinamerikanischen Entwicklungen (Schmitter 1971). Lehmbruch (1974) verband Erfahrungen, die er aus der Untersuchung konkordanzdemokratischer Praktiken in Österreich und der Schweiz gewonnen hatte, mit einer Analyse damals gängiger Versuche einer fiskal- und einkommenspolitischen Konzertierung von Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbänden. "Konzertierte Aktion", "Soziale Programmierung" oder "Social Compact" sind Spielarten der sozio-ökonomischen Konfliktbewältigung, insbesondere des Klassenkonfliktes, der in den ausgehenden sechziger und siebziger Jahren im Zentrum der politikwissenschaftlichen Aufmerksamkeit gestanden hatte.

Die Uebersicht sozialwissenschaftlicher Veröffentlichungen seit 1973 zeigt, dass auch vor und neben den wegweisenden Konzepten Schmitters und Lehmbruchs von "Korporatismus" gesprochen wurde, allerdings meist in einem ganz anderen als dem heute gebräuchlichen begrifflichen Zusammenhang. Die "Sociological Abstracts" nennen zwischen 1973 und 1994 mehr als 350 in zahlreichen Sprachen publizierte Zeitschriftenaufsätze, die den Begriff Korporatismus (Corporatism) enthalten. Darunter befindet sich im Jahr 1973 ein Aufsatz aus der finnischen Zeitschrift "Sosiologie" mit dem Titel "Funktionale Repräsentation ist Korporatismus, nicht Demokratie", in der sich der Autor, Juha Manninen, mit einem in der gleichen Zeitschrift unterbreiteten Vorschlag von Reijo Wilenius zur funktionalen Gruppenrepräsentation in liberaldemokratischen Systemen auseinandersetzt. Der Aufsatz führte zugleich zur erstmaligen Nennung des Stichwortes "Corporatism" in der Rubrik "Index Phrase" der "Sociological Abstracts".

Im gleichen Jahr 1973 findet sich in der "Canadian Review of Sociology and Anthropology" eine Auseinandersetzung mit der von Durkheim im Vorwort zur zweiten Auflage der "Division du travail" formulierten Forderung nach einer neuen Form des Korporatismus, die der Anomie moderner Gesellschaften entgegenwirkt (Tepperman 1973). Ebenfalls mit dem Korporatismusbegriff Durkheims und dessen Anliegen einer organisatorischen Fundierung sozialmoralischer Beziehungen im Wirtschaftsleben einschließlich deren Anwendung auf das damalige jugoslawische Wirtschaftsmodell beschäftigt sich Jovanovic (1975).

Häufig findet sich der Korporatismusbegriff in Beiträgen zur politischen Entwicklung Brasiliens, Argentiniens und Mexikos. Von 358 in den "Sociological Abstracts" erfassten Aufsätzen zum Thema handeln sieben von Durkheim und 14 ausschliesslich von Lateinamerika. Im übrigen wird der Begriff durchgehend in Aufsätzen verwendet, die sich mit politischen Ideologien und gesellschaftlichen Verbänden der Zwischenkriegszeit befassen. Er bleibt dabei nicht auf Beiträge über Italien und Frankreich oder Deutschland beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf den Vergleich des faschistischen Korporatismus mit der amerikanischen Politik des New Deal, in der ebenfalls Elemente einer organischen Erneuerung sozialer Institutionen enthalten sind - allerdings unter Wahrung individueller Freiheitsrechte (de Laubier 1974). Schmitter (1974) schliesst - teils explizit - an solche Debatten an und konfrontiert sie mit aktuellen interventions- und wohlfahrtsstaatlichen Entwicklungen der siebziger Jahre. Er gelangt damit zu einem Organisationstypus korporatistischer Verbändeeinbindung, der von Merkmalen der Verbändestruktur und der Staat-Verbändebeziehungen bestimmt wird (Schaubild 1). Dies überrascht insofern, als die Pluralismustheorie keineswegs strukturalistisch angelegt ist, sondern vor allem die Dynamik des politischen Prozesses erfassen möchte (Bentley 1908; Truman 1951; Schick 1969). Der von Schmitter (1974) zur Antithese des Pluralismus erklärte Korporatismusbegriff enthält dagegen kaum Aussagen zu den Prozesseigenschaften korporatistischer Politik. Stattdessen stilisiert er das Konzept zu einer Monopoltheorie der Interesssenvermittlung, um es so von der pluralistischen Wettbewerbstheorie abzuheben. Die prozessualen Implikationen dieser Unterscheidung werden aber nicht weiter behandelt.

Schaubild 1.: Schmitters (1974: 97) Idealtypus in der Übersicht
 

  Korporatismus Pluralismus
  

  

Merkmale der 
Verbände 

  

 

Begrenze Anzahl  

Mitgliedschaftszwang 

Nichtkompetitiv 

Hierarchisch geordnet 

Funktional differenziert

Vielfalt 

Freiwilligkeit 

Kompetitiv 

Nichthierarchisch 

Fließende Grenzen und Mehrfachmitgliedschaften

  

  

Merkmale der Staat-Verbände Beziehungen

  

Staatliche Anerkennung 

Repräsentationsmonopol 

  im Austausch gegen 
  Kontrolle der 
  verbandlichen 
  Führungsauslese und 
  Interessenartikulation

  

Keinerlei staatliche 

Begünstigung 
 
 

Keine staatliche 
Intervention in  
Verbändeangelegenheiten

 

Gleichwohl hat gerade dieser Ansatz größte Beachtung gefunden. Vergleicht man Zitationsfrequenzen der maßgeblichen Aufsätze zum Korporatismuskonzept, so werden die von Philippe Schmitter am weitaus häufigsten genannt. Ich werde im folgenden näher auf einige Beiträge eingehen, die sich detailliert und kritisch mit seinem strukturalistischen Ansatz auseinandersetzen. Sie zeigen, daß die Korporatismusdebatte vor allem in ihrem Bezug zur Pluralismustheorie eine Entwicklung durchlaufen hat, die typische Merkmale eines Paradigmendiskurses aufweist und insofern nicht nur einen Reflex aktueller politischer Entwicklungen oder eine forschungspragmatische Heuristik darstellt.

2.1 Kritik des Konzepts

Verschiedentlich kam es zur Weiterentwicklung des Schmitterschen Idealtyps. Meist führte dies zu eindimensionalen Skalenmodellen und einfachen Kontinua mit der Bildung von entsprechenden Mischformen wie zum Beispiel "Bargained Corporatism" (Crouch 1983: 457) oder "Corporate Pluralism" (Cawson 1986: 42; vgl. Rokkan 1966). Bisweilen sind dabei auch die jeweiligen Extremtypen variiert worden. Martin (1983: 99; vgl. Jessop 1979) nennt die verbandliche und die parlamentarische Interessenvermittlung als Extremwerte einer Korporatismusskala. In der Skala von Crouch (1983) erscheint die Disziplinierung von Verbandsmitgliedern zugunsten der Regierungspolitik als wesentliches Merkmal korporatistischer Interessenvermittlung im Unterschied zur ausschliesslichen Repräsentation von Partikularinteressen in Systemen pluralistischer Einflusspolitik. Unter all diesen Versuchen kommt die Skala von Cawson (1986: 42f.) der Definition von Schmitter am nächsten. In ihr wird zugleich die Problematik des korporatistischen Idealtyps besonders deutlich. Sie liegt darin, daß er ein mehrdimensionales Konzept verkörpert, in dem die Beziehungen der Dimensionen untereinander nicht geklärt sind.

Schmitter und Cawson betonen den gleichgerichteten Zusammenhang einzelner Merkmale des korporatistischen Idealtyps: Kleine Zahl, hierarchischer Aufbau, nichtkompetitive Beziehungen, funktionale Differenzierung der Verbände etc. Tatsächlich sind dies voneinander unabhängige Dimensionen einer Interessenvermittlungsstruktur, die nicht unbedingt kovariieren. Zumindest ist das behauptete Zusammenwirken dieser Merkmale bis heute weder theoretisch noch empirisch gesichert, sondern, im Gegenteil, eher fragwürdig: "Der Wettbewerb zwischen Gruppen führt nicht notwendigerweise zu einer fluiden Struktur oder nichthierarchischen Ordnung. Gerade Wettbewerbsbeziehungen können Interessengruppen veranlassen, sich in Dachverbänden hierarchisch zu organisieren. Umgekehrt eliminiert eine höhere organisatorische Konzentration der Verbände nicht notwendig die Intensität des politischen Wettbewerbs oder begünstigt in jedem Fall funktional abgegrenzte Interessensphären zu Lasten überlappender Organisationsziele" (Sainsbury 1988: 99. vgl. Czada 1992: 61-67). Wie diese Zusammenhänge in der Wirklichkeit aussehen, hängt in erster Linie von den Regierungs- und Verwaltungssystemen ab, auf die sich Interessenpolitik richtet. Verbände werden sich zu Dachverbänden zusammenschließen, wenn sie dadurch ihren Zugang zur Politik verbessern können. Ihre Organisations- und Wettbewerbsbedingungen sind durch staatliche Organisation und Gegenverbände beeinflußt. Dies erfordert einen mehrdimensionalen Erklärungsansatz.

Idealtypen, die sich durch die kategoriale Beschreibung komplexer Zusammenhänge auszeichnen, eignen sich kaum zur Umsetzung in eindimensionale Kontinua. Aussichtsreicher erscheint in solchen Fällen ein Konzept, wie es Lehmbruch (1982: 11) im Anschluss an Sidney Verbas (1967: 114) Überlegungen zur konfigurativen Analyse politischer Systeme vorschlug. Darin werden die verschiedenen Faktoren eines Erklärungskonzeptes als variabel angesehen. So kann jeder empirische Fall als eine charakteristische Merkmalskombination beschrieben werden. Demnach würde etwa das französische System der Interessenvermittlung von den Schmitterschen Kategorien insoweit abweichen, als es segmentär und stratifikatorisch statt vornehmlich funktional differenziert ist. Die Staat-Verbändebeziehungen unterscheiden sich nach Wirtschaftssektoren, Eigentumsverhältnissen und Betriebsgrössen (auf Gewerkschaftsseite zudem nach politischen Orientierungen), und diese Scheidung korrespondiert dann auch mit Merkmalen der Verbandsstruktur und charakteristischen Formen der Wirtschafts- und Industriepolitik (Friedberg 1979). Geringer ausgeprägt findet sich dies auch in Deutschland. Der im Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) repräsentieren überlappende Interessensegmente (Mann 1994: 85-87), die aber - ähnlich wie in Österreich - unterschiedliche Mitgliedschaftslogiken ausfweisen. Der DIHT ist Repräsentant der zwangsverfassten Industrie- und Handelskammern und von daher im gewerblichen "Mittelstand" verankert sowie in seiner politischen Handlungsfähigkeit eingeschränkt (ebenda). Dabei sind, anders als in Frankreich, Überlappungen durch Mehrfachmitgliedschaft selbst auf der Ebene von Branchenverbänden verbreitet (H. Weber 1987). Dies zeigt, daß Zentralität und strenge Domänenabgrenzung im Verbandswesen nicht immer gemeinsam, sondern in ganz unterschiedlichen Zusammenhängen auftreten.

Stephen Mc. Bride's (1986) Beobachtung, daß die Intensität politischer Verbändeeinbindung und das Maß staatlicher Eingriffe in die Autonomie von Verbänden anders als im Schmitterschen Idealtypus eine inverse Beziehung bilden, basiert auf dem Vergleich von vier Ländern (Schweden, Vereinigtes Königreich, Kanada, USA). Die Disziplinierung von Verbänden durch staatliche Politik ist ein Kennzeichen pluralistischer Systeme, während der Erfolg korporatistischer Einbindung eine weitgehende Autonomie der Verbände voraussetzt. Lehmbruch (1977) und Streeck (1979) sind frühzeitig auf die prekäre Komplementarität von politischer Einbindung und Verbandsautonomie eingegangen. Gerade in dieser Hinsicht wirft der Schmittersche Idealtyp neben forschungspragmatischen Nachteilen theoretische Probleme auf. Lehmbruch (1977: 110, 1984a: 69; vgl. auch Lehmbruch/Lang 1977: 205) weist darauf hin, dass hierarchische Organisationsstrukturen neokorporatistische Arrangements in dem Maße gefährden, in dem sie die zu ihrer Stabilität notwendige innerbandliche Legitimation schmälern. Das von Schmitter betonte Element der Zwangsmitgliedschaft könnte dieses Problem auch dann nicht lösen, wenn für korporatistische Strukturen nur materiale Rechtfertigungsgründe gelten würden. Denn auch die mutmaßlich anfallenden materiellen Vorteile neokorporatischer Verbändeeinbindung - Arbeitsplatzsicherheit oder gewerkschaftliche Mitbestimmung auf Gewerkschaftsseite - müssen den Mitgliedern vermittelt werden. In diesem Zusammenhang erhält die mittlere Funktionärsebene entscheidende Bedeutung, weil sie den internen Kommunikationsprozess zwischen Führung und Basis gerade in formalen Organisationen weit stärker beeinflusst als es bei charismatischen oder traditionalen Legitimationsmechanismen durch direkte Ansprache oder sozio-kulturelle Integration der Fall ist. Hinzu kommt, daß die von Lehmbruch betonte Beteiligung von Verbänden an der Ausführung korporatistisch ausgehandelter Politiken die Kooperation von Verbandsmitgliedern und Verbandsapparaten zwingend erfordert. Eine hierarchische Organisationsstruktur ist insofern nicht Voraussetzung, sondern ebenso ein Handicap korporatistischer Verbändeeinbindung. Vermutlich besteht hier eine theoretisch begründbare kurvilineare Beziehung, die sich methodisch nur durch eine flexible Merkmalskombinatorik anstelle starrer Idealtypen bzw. eindimensionaler Konzepte erfassen lässt.

2.2 Neokorpratistische Austauschlogik

Lehmbruch (1977, 1982) hat sich mehrfach für ein multidimensionales Korporatismuskonzept ausgesprochen. Nur so, als "empirisch-typologisches Konstrukt" eröffnet es den "theoretischen Zugang zu einer vergleichenden Analyse" (Lehmbruch 1984: 131). Zugleich läßt es sich im Forschungsprozeß weiterentwickeln. Die Entfaltung des Konzeptes vom Makrokorporatismus zur sektoralen Verbändebeteiligung und verbandlichen Selbstregulierung hat ihm ständig neue Dimensionen zugefügt. Lehmbruchs Vorgehen war am Anfang durch fünf Dimensionen bzw. "Schlüsselelemente" gekennezichnet, die Hicks (1988: 700) folgendermaßen auflistet.

1. Organisation von Produzenteninteressen in Dachverbänden.

2. Vernetzung von Parteien- und Verbändesystem.

3. Institutionalisierte Verhandlungen zwischen Regierung und Verbänden.

4. Gewährträgerfunktion der Regierung.

5. Schlüsselstellung der Gewerkschaften in Konzertierungsnetzwerken.

Eine ähnliche Begriffsverwendung findet sich in Stephens (1979), Crouch (1985), Marks (1986) und Hicks (1988). Diese Autoren nähern sich der Korporatismusproblematik sehr stark von der output-Seite des politischen Systems. Sie behandeln Prozesse der Politikentwicklung, vornehmlich der Einkommenspolitik und makroökonomischen Globalsteuerung. Dabei wird auf organisationsstrukturelle Voraussetzungen oft nur am Rande eingegangen (Hicks 1988; Marks 1986). Insgesamt scheint die Forschung von einer theoretisch überzeugenden Verbindung der Strukturen, Prozesse und Ergebnisse korporatistischer Arrangements weit entfernt. Zwar zeigen sich eindrucksvolle statistische Zusammenhänge zwischen Strukturen der Interessenvermittlung und der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (zuerst: Schmidt 1982; Czada 1983). Konfigurative Analysen, die dem institutionellen Zusammenspiel von Parteien, Verbänden, Regierungen und Verwaltungen gerecht würden, sind jedoch selten (vgl. Schmid 1993). Einen theoretischen Zugang, der Strukturen, Prozesse und "outcomes" neokorporatistischer Politikentwicklung verbindet, bietet m.E. bislang nur die neokorporatistische Tauschhypothese (Lehmbruch 1978). Sie stellt eine prozeßtheoretische Ergänzung des organisationsstrukturellen Ansatzes dar.

Die Verbandsführungen intermediärer Organisationen befinden sich in einem Spannungsfeld von Interessenvertretung und Verhandlungszwängen. Zum einen sind sie einer Mitgliedschaftslogik ausgesetzt, die ihnen die Vereinheitlichung und Vertretung ihrer Mitgliederinteressen aufgibt. Zum zweiten unterstehen sie einer Einflußlogik, die den Austausch mit anderen Verbandsführungen und mit dem Staat steuert (Schmitter/ Streeck 1981: 48-50; Streeck 1992: 105-106). Die Balance zwischen der Durchsetzung von Mitgliederinteressen und der Kompromißbildung in Verhandlungen läßt sich nur durch Austauschprozesse halten, in denen Verbandsführungen als ständige "Makler" auftreten. Die Gefolgschaft der Mitglieder für kompromißförmige Verhandlungergebnisse und Merkmale der Konfliktsituation bzw. der Verhandlungsobjekte sind die kritischen Größen dieses Balanceakts. Je mehr Gegenstände getauscht werden können und je positivere Wohlfahrtseffekte damit verbunden sind, umso leichter wird die Rolle der Unterhändler.

Mit der Tauschhypothese und der Unterscheidung von Mitgliedschafts- und Einflußlogik werden den Verbandsführungen autonome Handlungsspielräume zugebilligt und zugleich deren Grenzen abgesteckt. Der Ansatz zeigt deutlich den prekären Balanceakt korporatistischer Interessenvermittlung im Vergleich zum "pressure politics" Modell der Pluralismustheorie. Er stellt zugleich die Marktanalogie des Schmitterschen Idelatyps in Frage. Die Gegenüberstellung von Wettbewerbs- (Pluralismus) und Monopoltheorien (Korporatismus) der Interessenvermittlung beruht auf zwei Assoziationen: Einmal ist es die Vorstellung, daß sich das pluralistische Kräftegleichgewicht in einem marktähnlichen Prozeß herstellt. Zum anderen ist es die empirisch bestätigte Erkennntis, daß korporatistische Verhandlungssysteme nur dann funktionieren, wenn die beteiligten Verbände für das von ihnen vertretene Interesse ein Repräsentationsmonopol besitzen. Diese Gegenüberstellung erweist sich bei genauer Hinsicht als irreführend, weil hier System- und Akteureigenschaften in einer Weise aufeinander bezogen werden, die für das Regulativ "Markt" zutrifft, bei einer Anwendung auf korporatistische Verbändeeinbindung aber zu falschen Schlüssen führt.

Anders als in der ökonomischen Monopoltheorie, die von der vollständigen Preissetzungsmacht bzw. Marktbeherrschung eines Monopolisten ausgeht, sind die Handlungspielräume korporatistischer Verbandsführungen zweifach eingeschränkt: nach innen folgt aus einem Repräsentationsmonopol, daß die Mitgliedschaft ein breites Spektrum darstellt und daher heterogene Interessen zu aggregieren sind; im Außenverhältnis sind bei der Auseinandersetzung mit Gegeninteressen Rücksichtnahmen erforderlich. Eine einseitige Festsetzung von Tauschrelationen analog zur ökonomischen Monopoltheorie ist gerade im Fall von verbandlichen Repräsentationsmonopolen unmöglich. Ihr umfassender Vertretungsanspruch kann nur kompromißförmig befriedigt werden (Lehmbruch 1986: 273, 288). Viel eher lassen sich Folgerungen der Monopoltheorie auf pluralistische Sonderinteressengruppen anwenden, die als intern geschlossene und nach außen souveräne Vetogruppen tatsächlich zur Vermachtung politischer Wettbewerbsbeziehungen beitragen können (Olson 1982). Der oft als Stütze der Demokratie bezeichnete Gruppenpluralismus trägt den Keim sozialer Schließung und wechselseitiger Blockade in sich, während korporatistische Verbändeeinbindung einen Zwang zum Interessenkompromiß ausübt (vgl. Lehner 1991). Diese Gegenüberstellung hat Konsequenzen für die demokratietheoretische Behandlung korporatistischer Verbändeeinbindung, auf die ich nun näher eingehe.

2.3 Demokratietheoretische Probleme

Neokorporatistische Austauschbeziehungen und ihre Mitgliedschaftslogik lassen eine vornehmlich materiale Legitimation solcher Arrangements erkennen. Nur wenn die Beteiligten mit den Ergebnissen von Aushandlungsprozessen zufrieden sind, ist deren Stabilität gewährleistet. Dies ist der wesentliche Unterschied zur normativen Ständestaatslehre, die naturrechtlich oder religiös (katholische Soziallehre) begründet wird. Der universalistische Geltungsanspruch normativer Ordnungsvorstellungen ist allgemeiner und absoluter als die auf Funktionalität und Leistungsfähigkeit angelegte Rechtfertigung korporatistischer Verbändeeinbindung (z.B. Scharpf 1993a: 43-44). Daraus erwächst ein normatives Defizit, das sich nur auf zwei Wegen mildern läßt. Man kann versuchen, es wegzudefinieren, d.h. eine im Rahmen gängiger politik- und staatstheoretischer Vorstellungen liegende normative Theorie des funktionalen Korporatismus nachzuliefern. Zum anderen wäre die korporatistische Praxis selbst so zu ändern, daß sie die Chance einer formal gleichen Beteiligung für alle betroffenen Interessen sicherstellt. Es ist offenkundig, daß dieser zweite Weg nicht gangbar ist, ohne die Leistungsfähigkeit korporatistischer Arrangements zu schmälern. Innerverbandliche Demokratie und die Öffentlichkeit von Verhandlungen würden die Strategiefähigkeit der Verbände einschränken und Verhandlungen zum Erliegen bringen, die eine hohe Autonomie der Verbandsführungen voraussetzen.

In der jüngeren Debatte um die demokratietheoretische Begründung von Verhandlungssystemen vertritt Scharpf (1993a: 42-44) eine Variante, die an Konfliktstrukturen und Orientierungen der Akteure ansetzt und die Verhandlungspraxis als gegeben hinnimt. Dabei beruft er sich auf die kompromißfördernde Wirkung überlappender Mitgliedschaften. Da Lohnempfänger zumeist auch Sparer sind und Unternehmer, ebenso wie Umweltschützer unter dem Ozonloch leiden, überlappen sich die Fronten im Verteilungskonflikt um Arbeits- und Kapitaleinkommen, Unternehmensgewinnen und Umweltschäden. In dem Maß, wie sich die Mitglieder eines Verbandes solcher dieser Überschneidungen bewußt sind, wird die Verantwortung ihrer Verbandsführung ausgeweitet. Sie muß sich dann nicht mehr an der Durchsetzung von Maximalforderungen gegenüber ihren Kontrahenten messen lassen, sondern kann auch gegenüber der eigenen Mitgliedschaft das allgemeine Interesse aller Beteiligten in Erwägung ziehen (Czada 1992: 61-63).

Dies ändert aber grundsätzlich nichts an der materialen Legitimitätsgrundlage korporatistischer Verhandlungssysteme. Dazu müßten gegenseitige Rücksichtnahme und Kompromißfähigkeit institutionell begründet werden. Dies wäre zwangsläufig mit dem Anspruch institutioneller Reformen verbunden - zugunsten eines politischen Systems, das Kompromisse fördert. Solche Systeme sind nun aber dort, wo sie funktionieren - z.B. in der Schweiz - nicht das Ergebnis bewußter Gestaltung, sondern ein Nebenprodukt geschichtlicher Umstände. Wenn ihnen ein korporatistischer Konstitutionalismus zugrundeläge, der Zwangseingriffe in das System verbandlicher Interessenvermittlung zum Verfassungsprinzip macht, würde dadurch die Leistungsfähigkeit des auf Informalität angelegten Systems wieder geschmälert.

Voelzkow (1993) und Eichener/Voelzkow (1991) plädieren für eine formal verfasste "assoziative Demokratie", in der Staat gewährleistet, daß alle maßgeblichen Gruppen partizipieren können und zudem als letztinstanzlicher Schlichter auftritt. Hier stellt sich das gleiche Problem staatlicher Eingriffe. Je mehr der Staat die Beteiligung an korporatistischen Gremien nach allgemeinen Kriterien erzwingen muß, desto weniger kann von Staatsentlastung noch gesprochen werden. Dies ist ein Vorgang, der im Schlichtungswesen der Weimarer Republik oder in der gesetzlichen Einkommenspolitik (Armingeon 1983) sehr deutlich wird: Wenn in Verhandlungen der Schatten der Hierarchie zu lang und die Zahl der Beteiligten zu groß werden wird, geht der Vorzug freiwilliger Einbindung verloren. Die Beteiligten verlassen sich dann mehr und mehr auf eine in Gestalt des Staates herausgehobene Schlichtungsinstanz.

Das demokratische Element korporatistischer Beteiligung bleibt fast notwendig auf die "generalisierte Zustimmung" durch freiwillige Mitgliedschaft und Beteiligung an der Führungsauslese beschränkt. Das ist mehr Beteiligung als ein Wähler in der repräsentativen Wettbewerbsdemokratie in der Regel erwarten kann (Luhmann 1969). Er hat auf die Verwendung der Stimme, die er seiner Partei gegeben hat, keinen Einfluß (Parsons 1952). Dem Verbandsmitglied bleibt dagegen neben dem Austritt die Möglichkeit des Widerspruches offen.

Für das demokratietheoretische Problem innerverbandlicher Mitwirkung und korporatistischer Aushandlungsprozesse gibt es aufgrund seiner Widersprüchlichkeit nur zweitbeste Lösungen. Im übrigen muß bei dieser Frage auch das Umfeld eines jeweiligen Regierungssystems betrachtet werden. So sorgt der Wettbewerb zwischen Großorganisationen für eine gewisse Balance, die demokratische Regierungen zugunsten ihrer Ziele manipulieren können (Dunsire 1993). In diesem Kontext kann die Verbändeforschung zeigen, daß die pluralistische Interessenvermittlung demokratietheoretisch größere Probleme aufwirft, als korporatistische Verbändebeteiligung. Die Möglichkeit einer Regierung, in den Verbändewettbewerb einzugreifen, ist bei der Vielfalt pluralistischer Gruppen schon aus technischen Gründen nahezu ausgeschlossen. Hinzu kommt, daß kleine Sonderinteressengruppen das Allgemeininteresse viel leichter ausbeuten können als umfassende "Monopolverbände" (Olson 1982, 1986). Aufgrund eines engen Interessenspektrums ist ihr "demokratischer Egoismus" viel ausgeprägter; und sie können ihre Belange nach außen effektiver vertreten, während Dachverbände durch ihre Interessenheterogenität oft zur Mäßigung gezwungen sind, und einen Großteil ihrer Ressourcen zur inneren Konsensbildung der Mitglieder aufwenden (Streeck 1991). Das Verfahren der Interessenartikulation wird dadurch offener und in einer gewissen Weise öffentlich (Mann 1994: 115, 122). Großverbände - zumal korporatistisch eingebundene - sind durchschaubarer als kleine Sonderinteressengruppen.

Vor allem aber lassen sich die Entscheidungen korporatistischer Gremien hinreichend lokalisieren und nachvollziehen, während der pluralistische Wettbewerb undurchsichtig bleibt und jede Verantwortungszuschreibung verhindert. Der pluralistische Wettbewerb kann gleichwohl, falls er nicht zu stark durch Verteilungskoalitionen vermachtet ist, die allokationseffizientere Form der Interessenvermittlung darstellen (Lindblom 1959, 1965; Scharpf/Mohr 1994). Zugleich müssen aber - analog zum Marktgeschehen - Effizienzvorteile durch erhebliche Kontrollverluste erkauft werden. Darin äußert sich eine demokratietheoretische Ambivalenz pluralistischer Interessenvermittlung, die von der Verbändeforschung nicht hinreichend bedacht wurde. Das gängige Urteil, Korporatismustheorien seien demokratietheoretisch bedenklich, während im Pluralismusansatz eine Demokratietheorie par excellence zu sehen sei (Reutter 1991: 27-33, 212-215), erscheint vor dem Hintergrund der neueren, empirisch-analytischen Verbändeforschung revisionsbedürftig.

Ein schwerwiegendes demokratietheoretisches Problem liegt in der Existenz "privater Interessenregierungen", die eine eigentümliche Nähe zum Konzept der "administrative capture" aufweisen, wie sie in der Pluralismuskritik zuerst von McConnell (1966) thematisiert wird. Gemeint ist die Instrumentalisierung staatlicher Hoheitsbefugnisse durch Private. Sie kann aus der Delegation öffentlicher Aufgaben an Verbände erwachsen (Kielmannsegg 1977), insbesondere wenn die staatliche Kontrollfunktion infolge einseitiger Informationsabhängigkeit geschmälert ist (Forsthoff 1966: 261-262). Tatsächlich sind es zumeist spezialisierte Dienstleistungsverbände, die der Staat ihrer besonderen Kompetenz wegen beauftragt. Ihr Machtpotential liegt nicht in der Mobilisierung von Mitgliedern oder anderer politischer Verbandsressourcen, sondern in eben dieser Kompetenz. Sie kann durch eigene staatliche Ressourcen ersetzt werden; und es ist prinzipiell "Sache des Staates, zu entscheiden was er sich zutraut" (ebenda: 262). In der Realität dürfte eine solche Erwägung auf ein Kalkül hinauslaufen, das den Effekt der Staatsentlastung gegen die Gefahr der Kolonisierung seiner Ressorts aufrechnet. Wenn eine Regierung dabei den einen oder anderen Verband bevorzugt, scheint dies unbedenklich, solange sie sich selbst demokratisch verantworten muß. Ein Problem entsteht dann, wenn die Privilegierung bestimmter Interessen bereits institutionell vorentschieden ist.

Eichener/Voelzkow (1991) zeigen, wie parastaatliche Verbändegremien die technische Normgebung in staatlichem Auftrag gestalten. Technik reglementierte sich dabei durch disziplineigene Kriterien der Effizienz und Risikobewertung selber. Kritiker des Verfahrens sehen darin gerade nicht die Instrumentalisierung verbandlicher Steuerungsressourcen durch den Staat, sondern die Ausbeutung eines Delegationsverhältnisses für eigennützige Zwecke (Wolf 1986). Es gibt Dienstleistungsorganisationen, deren Hauptzweck in der Beschickung sektoraler Regelungsinstanzen mit Experten besteht, und die von privaten und staatlichen Mitgliedern gemeinsam getragen werden. Die "Gesellschaft für Reaktorsicherheit" wäre ein solches Beispiel. Struktur und Politik solcher "Interessenverbände" sind in besonderem Maße nicht nur von der Behandlung durch Politik und Verwaltung, sondern auch von Institutionalisierung abhängig.

Das deutsche Verfahren der technischen Regelsetzung knüpft eine mögliche Beteiligung an den Monopolstatus der beteiligten Verbände. Das für die USA charakteristische Verfahren der öffentlichen Interessenbeteiligung am "rule-making" von Regulierungsbehörden bietet dagegen keinen Anreiz zu hierarchischer Interessenorganisation. Administrative Regulierungsstile und Verfahrensvorschriften korrespondieren insofern mit Verbändestrukturen und Verflechtungsformen. Daran wird die Auswirkung von Regierungs- und Verwaltungsystemen auf unterschiedliche Strukturen und Praktiken der Interessenvermittlung besonders deutlich. Lehmbruch (1991) erklärt die Pfadabhängigkeit korporatistischer Interessenvermittlung mit spezifischen Staatstraditionen. Demnach bildet die weit zurückreichende staatliche Einwirkung auf Organisationsstrukturen und Interorganisationsnetzwerke einen entwicklungsgeschichtlichen Rahmen für korporatistische Arrangements.

3 Die historischer Perspektive

Jüngste Veränderungen der Interessenpolitik können nicht darüber hinwegtäuschen, daß enge Beziehungen von Staat und Verbänden eine lange Tradition besitzen (Eschenburg 1989; Lehmbruch 1991). In der Korporatismusdebatte mit ihren aktuellen Bezügen wurde dies oft vernachlässigt. Um genau zu prüfen, inwieweit sie bloß "neuen Wein in alten Schläuchen" (Beyme 1984) "gekostet" hat, müssen wiederum Makro- und Mesokorporatismus unterschieden werden. Bei der makroökonomischen Konzertierung handelt es sich um das historisch jüngere Phänomen, während die Staatsentlastung durch verbandliche Selbstregulierung und sektorspezifische Staat-Verbändebeziehungen bis in die Anfänge der Industrialisierung zurückreichen.

3.1 Konzertierung und sekorale Selbstregulierung

Die freiwillige Konzertierung der Produzentengruppen mit einer keynesianische Wachstumspolitik tritt nicht vor 1938 auf. Damals hatten sich die schwedischen Gewerkschaften in dem sogenannten Saltsjöbaden-Abkommen auf detaillierte Regeln über Tarifverhandlungen eingelassen, die im Endeffekt auf eine Zentralisierung der industriellen Beziehungen hinausliefen. So wollten sie verhindern, daß Einzelgewerkschaften die durch staatliche Wirtschaftspolitik hergestellte Vollbeschäftigung ausnutzten und auf diese Weise die Regierung gefährden konnten. Das Abkommen schaffte institutionelle Vorkehrungen gegen einen kurzsichtigen Gebrauch der prozyklisch wechselnden Marktmacht der Tarifparteien, um die antizyklische Wirtschaftspolitik der Regierung abzustützen (Czada 1988: 70-71). Es wurde ohne direkte Regierungsbeteiligung von den Produzentenverbänden aus einem gemeinsamen Interesse an autonomen Tarifbeziehungen abgeschlossen, woraus schwedische Forscher den Schluß zogen, daß es sich hier nicht um korporatistische Verbändeeinbindung handeln könne (Korpi 1979, 1982). Tatsächlich ist fraglich, ob die implizite, ohne direkte Verhandlungen erreichte Berücksichtigung der staatlichen Wirtschaftspolitik durch die Tarifparteien schon als Korporatismus gelten kann. Scharpf (1987) berichtet von der disziplinierenden Rolle der deutschen Bundesbank, die durch ihre Geldpolitik die Verteilungsspielräume steuern und so die Tarifparteien zu moderaten Tariflohnabschlüssen zwingen kann. Ähnlich hatte die schwedische Regierung nach hohen Lohnsteigerungen und Streiks bereits 1935 erkennen lassen, daß bei einer Fortführung dieser Tarifpolitik, ihre Wachstumspolitik gefährdet sei. Eine solche aus der Kenntnis wechselseitiger Störpotentiale folgende Rücksichtnahme entspricht dem Muster der "negativen Koordination" (Mayntz/ Scharpf 1975: 145-150). Sie entspringt einem rationalen Vermeidungsimperativ auf Seiten der Entscheidenden, der ohne Verhandlungen oder institutionalisierte Politikeinbindung wirksam wird. Gleichwohl basiert auch diese Form der impliziten Abstimmung auf institutionellen Voraussetzungen, insbesondere auf politischen Zuständigkeitsstrukturen und veto-Positionen, wie sie von Scharpf (1987) für die Wirtschaftspolitik beschrieben werden. Diese als Korporatismus zu bezeichnen, erscheint indes fragwürdig, weil dann jede auf Abhängigkeit beruhende Interessenberücksichtigung als Korporatismus gelten könnte, und so die Differenz zur pluralistischen Interessenpolitik verschwinden würde. Das zuerst von Bentley (1908) beschriebene pluralistische Kräftemessen, dessen Ergebnis die Resultante eines Kräfteparallelogramms darstellt, wird nämlich durch nichts anderes als eine implizite, wechselseitige Anpassung der Kontrahenten (Lindblohn 1965), also durch "negative Koordination" bewerkstelligt. Pluralistische Interessenvermittlung entspricht insofern dem Muster der "negativen Koordination", während Korporatismus direkte Verhandlungen zwischen den Kontrahenten voraussetzt. Dabei geht es nicht nur um wechselseitige Rücksichtnahme, sondern um die Verwirklichung übergeordneter Systemziele, für die sich ein allgemeines, gleichwohl unterschiedlich ausgeprägtes Interesse der Beteiligten reklamieren läßt. Damit verbunden ist die Förderung kooperativer Orientierungen und gemeinschaftlichen Handelns, die das pluralistische Kräftemessen gerade nicht voraussetzt.

Vieles was als Korporatismus erscheint, wäre in dieser Perspektive eher dem pluralistischen Interessenausgleich zuzuordnen. Selbst die "Konzertierte Aktion", die der Korporatismusdebatte entscheidende Impulse gab (Lehmbruch/ Lang 1977), hatte nicht die Form von Verhandlungen, sondern eines von der Regierung organisierten Meinungsaustausches. Es gab kein verbindliches Verhandlungsergebnis, wie etwa bei der später eingerichteten "Konzertierten Aktion im Gesundheitswesen" (Wiesenthal 1981).

Auch die "negative Koordination" autonomer Verbände verursacht binnenorganisatorische Probleme, die denen korporatistischer Einbindung gleichkommen. Ob ein Verhandlungsergebnis die Gewerkschaften zur Forderungszurückhaltung verpflichtet oder die realistische Drohung einer Nationalbank, ändert an ihren internen Vermittlungsproblemen wenig - die Gefolgschaft der Mitglieder muß in beiden Fällen mobilisiert werden. Strategiefähigkeit erfordert innere Geschlossenheit, unabhängig davon, ob sich ein Verband autonom seiner Problemumwelt anpasst, oder ob er durch ein Verhandlungsergebnis dazu verpflichtet wird. Ein internationaler Vergleich vermittelt sogar den Eindruck, als ob implizite und informelle Abstimmungen der Tarifparteien erfolgreicher und stabiler seien als institutionalisierte Verhandlungssysteme oder gar eine gesetzliche Einkommenspolitik (Armingeon 1983). Am erfolgreichsten erwies sich eine informelle Konzertierung, die von hochzentralisierten und mitgliederstarken Gewerkschaften getragen wird (Schweden, Österreich), während Lohnbildungsgesetze oder Vereinbarungen im Rahmen von Sozialverträgen ihre Ziele bei der Umsetzung oft verfehlten.

Die Unterscheidung zwischen wechselseitiger Anpassung (Pluralismus) und aktiver bzw. positiver Koordinationaktiver Konsensmobilisierung (Korporatismus) gilt im übrigen ebenso für sektorale Regulierungsnetzwerke. Auch sie weisen unterschiedliche Grade der Institutionalisierung und Verpflichtung auf, wobei pluralistische Vielfalt und Domänenüberlappungen häufiger sind als Vertretungsmonopole, und informelle Verpflichtungen den Zusammenhalt solcher Netzwerke stärker prägen als formale Institutionalisierung (Mayntz 1992).

3.2 Instrumentalisierung von Verbänden durch den Staat

Auf dem Feld des Makrokorporatismus und der sektoralen Selbstregulierung können pluralistische und korporatistische Verbändepolitiken nicht immer trennscharf unterschieden werden. Viel einfacher ist die Zuordnung zum Korporatismusbegriff bei dem historisch älteren Phänomen der Indienstnahme verbandlicher Steuerungsressourcen durch den Staat. Für den modernen Staat der aufkommenden Industriegesellschaft waren Makrokorporatismus und sektorale Selbstregulierung prinzipiell unerwünscht, weil sie eine Herausforderung seines Führungsanspruches darstellten und weil Gruppenbildung die marktförmige Vergesellschaftung stören konnte. Normative Forderungen nach autonomen Ständevertretungen galten bereits im 18. Jahrhundert als sozialromantisch-konservativ und konnten sich in keiner Weise gegen das Konzept des hierarchisch geschlossenen Einheitsstaats behaupten (Harada 1989). Gleichwohl haben vor allem die deutschen und skandinavischen Staaten gesellschaftliche Verbände als Agenten ihrer sektoralen Wirtschaftspolitik eingesetzt und teilweise sogar selbst mit aufgebaut. So haben Beamte der Agrarverwaltung im 19. Jahrhundert an der Gründung und Führung landwirtschaftlicher Vereine mitgewirkt. Die Bauern selbst stellten anfangs neben Fachbeamten, Lehrern und Pfarrern den kleineren Teil der Mitglieder (Ullmann 1988: 35). Maßgeblich für die personelle, organisatorische und finanzielle Förderung des landwirtschaftlichen Vereinswesens war seine Bedeutung für die staatliche Agrarpolitik. "In ihrem Rahmen fielen den Vereinen wichtige Aufgaben zu, denen die Verwaltungen überhaupt nicht oder nur mit unverhältnismäßig hohem Aufwand nachkommen konnten" (ebenda). Die Beispiele ließen sich beliebig fortsetzen - vom Beginn des Kammerwesens in Preußen über frühe Versuche sozialpartnerschaftlicher Konfliktschlichtung in Österreich (Holtmann 1988) bis zur staatlichen Förderung von Kartellen im Deutschen Reich und zur Stahlpolitik der Weimarer Republik (vgl. Czada/Dittich 1982). Die seit dem 19. Jahrhundert beobachtbaren Auswirkungen der Interessenverbände auf die Weiterbildung der volkswirtschaftlichen Organisation hat insbesondere Liefmann (1922) detailliert beschrieben und dabei hervorgehoben, daß die sektorale Wirtschaftsregulierung meist in engster Verbindung mit der Regierung und oft auf der Basis einer Zwangssyndizierung jeweiliger Branchen stattfand. Vor allem Kriegs- und Krisenzeiten begünstigen fast in allen Ländern direkte Staatseingriffe in die Struktur von Interessenverbänden (Van Waarden 1991).

Die reichhaltige Literatur zum organisierten Kapitalismus (z.B. Liefmann 1922; Winkler 1972, 1974; Berghan 1988; Maier 1975) macht deutlich: In der Geschichte finden sich die vielfältigsten Formen von Staat-Verbändebeziehungen, denen die Pluralismustheorie vor allem deshalb nicht gerecht werden konnte, weil sie, erstens, nur die Einflußdimension thematisierte und, zweitens, von autonomen, allein dem demokratischen Egoismus ihrer Mitglieder verpflichteten Verbänden ausging.

Da die Korporatismusdebatte nicht allein auf aktuelle politische Konjunkturen bezogen ist, sondern eine neue Sicht auf seit langem existierende aber nicht hinreichend verstandene Phänomene eröffnet hat, kann tatsächlich von einem Paradigmawechsel in der Verbändeforschung gesprochen werden. Die wesentlichen theoretischen Erkenntnisse, die mit dem Korporatismusbegriff verbunden sind, hätte man - so meine ich - bereits in den zwanziger Jahren machen können, wenn es zu der Zeit in Europa eine breit angelegte politikwissenschaftliche Verbändeforschung gegeben hätte. Die in den USA schon damals stark auf Einflußstudien konzentrierte Politikwissenschaft (Almond 1982: 173-174) war freilich dazu nicht in der Lage, weil sie invon der Realität ihres eigenen Landes gefangen war und daraus eine eigene "allgemeine" Theorie der Interessenvermittlung entwickelt hatte. Und nachdem die amerikanische Pluralismustheorie mit Modifikationen auch in Europa zum Leitbild der Verbändeforschung aufgerückt war, dauerte es bis in die siebziger Jahre, bis sich unter dem Begriff des Neo-Korporatismus bzw. des "liberalen" oder "gesellschaftlichen Korporatismus", ein neues Paradigma durchsetzen konnte.

4. Verbände in einer Theorie politischer Institutionen

Welche theoretische Bezüge bieten sich der künftigen Verbändeforschung? Anknüpfungspunkte sind in drei Richtungen erkennbar: 1. zum neuen Institutionalismus in der Politikwissenschaft, 2. zur sozialwissenschaftlichen Netzwerkanalyse, 3. zur Forschung über intermediäre Dienstleistungsorganisationen im sogenannten "Dritten Sektor". Daneben bleibt das Korporatismusthema mit Bemühungen um eine Theorie politischer Steuerung eng verknüpft.

In Deutschland scheint die gegenwärtige Verbändeforschung überwiegend von steuerungstheoretischen Problemen bestimmt zu sein. Mehr als in der Diskussion der siebziger Jahre steht die Frage der politischen Gestaltbarkeit korporatistischer Interessenvermittlung im Vordergrund (z.B. Eichener/ Voelzkow 1991). In diesem Kontext erweist sich die empirische Vielfalt und Kontingenz verbandlicher Steuerungsformen als ein zunehmend theoretisches Problem (Lehmbruch 1991; Heinze/ Schmid 1984; Hollingsworth/ Streeck 1994). Grundsätzlich lassen sich für die Eigenart von Einzelfällen zwei Gründe anführen: Ihre Vielfalt kann aus einer "Logik des Mißlingens" (Vester) herrühren oder aus einem historischen Erbe. Im ersten Fall scheitert Einheitlichkeit an der Komplexität bzw. Überdeterminiertheit rationaler Handlungsprogramme, im zweiten an der entwicklungsgeschichtlich-institutionellen Pfadabhängigkeit von Systemen der Interessenvermittlung.

Heinze/Schmid (1984: 34) erläutern an Beispielen vor allem die erste Möglichkeit. Sie beschreiben das mesokorporatistische Arrangement als ein "'Kunststück' politischer Steuerung, das den Akteuren enorme Leistungen abverlangt - wenngleich dabei nur selten der große Wurf gelingt". Variation entsteht in diesem Fall aus den Unberechenbarkeiten des kontingenten Zusammenwirkens vieler Beteiligter. Hollingsworth/ Streeck (1984; 278-279) vermittlen demgegenüber den Eindruck, als ob das "Kunst" der Steuerungsformen vornehmlich in der entwicklungsgeschichtlichen Logik institutioneller Bindung liegt:

"Länderspezifische sektorale Regime der Wirtschaftsregulierung entstehen über Zeit und schaffen historisch gewachsene soziale Tatsachen ... Ökonomische Akteure sind stets mit den Hinterlassenschaften lokaler Institutionen konfrontiert, die sie nicht selbst geschaffen haben; nicht selbst auswählen können; nicht vertragsförmig neu ordnen können; und deren funktionale und evolutorische Logik von denen des Marktes oder formal-organisatorischer Hierarchien abweicht. Im Zentrum der Logik steht die Fähigkeit von Regelungsstrukturen, den Individuen sozial konstruierte kollektive Verpflichtungen aufzuerlegen, wenn nötig gegen ihren Willen" (Hollingsworth/ Streeck 1994: 278-279). Beide Erklärungen - die der inszenieren und der ererbten Regelungsstrukturen - sind mit einem evolutorischen Ansatz vereinbar, sofern er die Möglichkeit proaktiver Umweltanpassung durch Diffusion einschließt. Heinze/Schmid (1984) untersuchen mesokorporatistische Praktiken in deutschen Bundesländern, die in Nordrhein-Westfalen und Sachsen von den dortigen Landesregierungen bewußt geschaffen wurden. Entwicklungsgeschichtlich bedingte Restriktionen, die als Bestandteil situativer Sachzwänge auftreten, lassen hier durchaus Spielräume im Sinne eines Handlungskorridors erkennen, der sehr oft durch Diffusion, Übernahme woanders erprobter Konzepte, ausgefüllt wird. Sie kann freilich niemals eine Kopie des Originals abgeben, sondern lediglich vorhandene Entwicklungspfade in eine neue Richtung lenken. Lehmbruch (1994: 131) hat dies im Sinn, wenn er "Korporatismus als eine historisch-kontingente Antwort auf aktuelle Steuerungserfordernisse" bezeichnet. Dies schließt die Möglichkeit des Wandels (bzw. der Anpassung) von Korporatismus (Tálos 1993) nicht aus, sondern begrenzt ihn auf institutionell zugelassene Alternativen.

In dieser Perspektive nähert sich die Korporatismusdebatte dem neuerwachten Interesse an Institutionen, das in allen Zweigen der Sozialwissenschaft, einschließlich der Ökonomie zu beobachten ist. Der Einfluß des neuen Institutionalismus in der Staatstheorie (Evans/Rueschemeier/Skocpol 1985), des governance-Ansatzes (Hollingsworth, Schmitter, Streeck 1994) und der Institutionenökonomik (North 1981; Moe 1984) kann zu einer Klärung des theoretischen und empirischen Status des Korporatismuskonzeptes beitragen. Die genannten Denkansätze betonen, daß die Bewältigung von situativen Problemlagen institutionell gefiltert ist. Sie zeigen aber auch, daß Institutionenbildung einen permanenten Prozess darstellt.

Im Kern der institutionentheoretischen Debatte geht es um eine umfassende Erklärung der Bewältigung spezifischer Transaktions- und Steuerungsprobleme durch Markt, Staat, Unternehmen und Verbände (vgl. Streeck/Schmitter 1985). Dabei konkurrieren kontraktualistische (O. Williamson, North) mit i.w.S. kulturalistischen (Granovetter, Streeck) Ansätzen. In der reinen Institutionenökonomik werden Institutionen auf einen einzigen Zweck, nämlich die Verpflichtung zur Kooperation zurückgeführt. Sie konzentriert sich auf funktionale "committment and enforcement problems" (Moe 1990: 213). Historische, sektorale und internationale Unterschiede können bei diesem Vorgehen kaum erklärt werden. Gleichwohl bietet die Institutionenökonomik ein theoretisches Modell, aus dem sich substantielle Hypothesen zur Entwicklung korporatistischer Organisationsstrukturen und Interorganisationsbeziehungen gewinnen lassen. So ist anzunehmen, daß die Stabilität vorhandener korporatistischer Netzwerke von Nutzenkalkülen der Beteiligten abhängt (Lehmbruch 1978, 1984). Solche Netzwerke bieten in der Regel eine höhere Kalkulationssicherheit als das pluralistische Lobbying. Sie reduzieren den situativen Opportunismus der Beteiligten und ersparen so Transaktionskosten (Czada 1992: 64-66, 75-77). Berücksichtigt man darüberhinaus weitere, insbesondere sozialmoralische Aspekte von Gruppensolidarität und institutioneller Bindung, so ist nicht auszuschließen, daß das Korporatismuskonzept letztlich in einer umfassenden Theorie institutioneller "governance Mechanismen" aufgehen wird, es also am Ende nur eine wichtige Station auf dem Weg zu einer Theorie der politischen Institutionen darstellt.

Jüngst sind auch Verbindungslinien von der Korporatismusdebatte zu Forschungen über einen "Dritten Sektor" zwischen Markt und Staat gezogen worden (Zimmer/Scholz 1992; Kleinfeld/ Löbler 1993). Gemeint sind Vereine, etwa der freien Wohlfahrtspflege in Deutschland, die durchaus den Status staatsentlastender, intermediärer Organisationen besitzen. Freilich sind sie ihrem Vereinszweck oft mehr verpflichtet als einer kaum sichtbaren Mitgliedschaft. Dies gilt besonders für die in den USA verbreiteten philanthropischen Stiftungen, mit denen sich die dortige Forschung vornehmlich beschäftigt. Es handelt sich um "gemeinnützige" Dienstleistungsverbände mit besonders ausgeprägten Apparateinteressen, in denen Fehlleistungen und Zielverschiebungen kaum Widerstände mobilisieren können (Seibel 1992). Damit bilden sie den Gegenpart zu mitgliederstarken, korporatistischen Interessenverbänden, die im Spannungsfeld von Mitgliedschaftslogik und Einflußlogik operieren müssen. Parallelen zwischen Drittsektorganisationen und korporatistischen Interessenverbänden scheinen vor allem dann auf, wenn man aus der Perspektive eines steuerungstheoretischen Funktionalismus an sie herangeht. In dieser Sicht ließen sich allerdings viele funktional äquivalente Arrangements der Interessenvermittlung und Staatsentlastung ausmachen - z.B. "Runde Tische", das Verfahren der Öffentlichkeitsbeteiligung amerikanischer Regulierungskommissionen, die justizentlastende Funktion skandinavischer Ombudsleute etc.). Deren gemeinsame Untersuchung erscheint nur unter ganz spezifischen Fragestellungen sinnvoll.

Der akteurbezogene Institutionalismus auf den die Korporatismusdebatte seit geraumer Zeit hinausläuft, würde eher die Unterschiede solcher Arrangements betonen. In diesem Ansatz steht das Wahlhandeln der Akteure im Vordergrund - allerdings normativ geprägt und strategisch begrenzt durch institutionelle Regelsysteme. Die spezifischen Sinngehalte sowie Anreiz- und Kontrollmechanismen von Institutionen führen zu unterschiedlichen Handlungslogiken. Die Mitgliedschafts- bzw. Einflußlogik intermediärer Verbände ist dafür ein Beispiel. Wenn man unterstellt, Fortschritte der Theoriebildung seien am Allgemeinheitsgrad der Erklärung von Differenz erkennbar, dann scheint ein solches Vorgehen tatsächlich mehr zu bieten als funktionalistische Ansätze, wie sie in der Drittsektorforschung ebenso wie in der Pluralismustheorie (Almond 1983: 180) vorherrschen. Andererseits kann der empirische Vergleich intermediärer Organisationen und Interorganisationsnetzwerke durchaus theoretische Anstöße vermittelt. In der Hinsicht scheint der Blick in benachbarte Disziplinen und Subdisziplinen sehr vielversprechend; das zeigt nicht zuletzt die Korporatismusdebatte, die ein ungewöhnliches Maß der Interdiszplinarität auszeichnet.

Ein weiteres, zukunftsträchtiges Forschungsfeld, das dem Korporatismuskonzept nahe kommt, ist die Beschäftigung mit Politiknetzwerken (Marin/Mayntz 1991). Soweit sie mehr als die Beschreibung von Beziehungsstrukturen im Sinn hat und vor allem der Handlungslogik wechselseitig vernetzter Akteure nachgeht, sind Parallelen zur Korporatismusdebatte offenkundig. Sie kann sogar als ein Wegbereiter dieser Ansätze gelten (vgl. Lehmbruch 1984a, 1984b). Die Netzwerkanalyse ist freilich keine Theorie, sondern ein Analysewerkzeug, das wie jedes Forschungsinstrument theoretische Implikationen aufweist. Sie liegen vor allem in der Verknüpfung von Struktur und Akteur. Die herkömmliche Netzwerkanalyse beschreibt nur Strukturen, z.B. Interaktionshäufigkeiten, und versucht zu erklären, wie sie entstehen, stabil bleiben, oder sich verändern, oder welche Leistungen sie erbringen. Der Prozeßaspekt kommt erst zum tragen, wenn man die Beziehungen der Netzwerkakteure als strategische Interaktion begreift. Hier bietet sich eine Verbindung netzwerkanalytischer und spieltheoretischer Ansätze an (Scharpf 1993b: 7). Für die empirische Forschung bedeutet dies, daß auf die Abgrenzung, Auswahl und Gewichtung der Akteure zu achten ist. Dies zwingt zur Strukturierung und eindeutigen Begrenzung eines untersuchten Forschungsfeldes - umso mehr, je stärker man die Verbindung zwischen empirischer und modelltheoretischer Forschung anlegt. Ein solche Verbindung erscheint notwendig, weil der Ansatz sonst in eine Netzwerkmetaphorik abgleitet, deren Erklärungsbeitrag nicht sonderlich groß ist.

Ob aus der Verbindung von Spieltheorie und Netzwerkanalyse eine neue, postkorporatistische Konjunktur der Verbändeforschung ausgehen wird, bleibt allerdings fraglich. Wenn es stimmt, daß es in der Wissenschaft eine Wechselbeziehung von "rigor and relevance" (Okun) gibt, dann war die Korporatismusdebatte auf der gegenüberliegenden Seite von "rigor" angesiedelt. Die fehlende Strenge des Konzeptes kann als ein Grund für seine rasche und weite Verbreitung gelten. Seine Offenheit für aktuelle Themen - Einkommenspolitik, Mitbestimmung, internationaler Wettbewerb und volkswirtschaftliche Modernisierung, sektorale Anpassung, europäische Integration - deutet zudem darauf hin, daß Wirklichkeitsnähe - nicht zu verwechseln mit Problemlösungsfähigkeit - einen Teil der Erfolgsgeschichte ausmacht.

Anfängliche Vagheit, Offenheit und Inkommensurabilität sind wichtige Bedingungen für die Durchsetzung eines wissenschaftlichen Paradigmas (Kuhn 1970: bes. 10, 157-158, 169). Das gilt für das Korporatismuskonzept offenbar ebenso wie für die Astronomie des Kopernikus oder De Broglie's Wellentheorie. Gängige Theoreme der Verbändeforschung sind indes weniger esotherisch als die theoretische Pyhsik und daher in einer breiteren Öffentlichkeit kommunizierbar. Ein weiterer Unterschied besteht darin, daß sozialwissenschaftliche Neuerungen unmittelbar, ohne das Zwischenglied technischer Artefakte, auf die Gesellschaft einwirken. Nimmt man dies als Prüfstein, so bietet die Korporatismustheorie schon deutlich weniger konkrete Anzeichen für einen erfolgreichen Paradigmenwechsel. Der Begriff ist in der breiten politischen Öffentlichkeit - vor allem in Deutschland - nur bedingt salonfähig geworden und fand bei weitem nicht den Stellenwert, den die Pluralismustheorie als gesellschaftliche Ordnungsvorstellung immer noch hat. Korporatismus ist immer noch mehr Praxis als Debatte.

Wie gewichtig das Konzept in der einschlägigen Praxis eingeschätzt wird, zeigt eine unlängst von Siegfried Mann, dem langjährigen Hauptgeschäftsführer des "Bundesverbandes der Deutschen Industrie" (BDI) verfasste Doktorarbeit, in der er die Konfrontation des BDI mit Versuchen "korporatistischer Einvernahme" schildert (Mann 1994: bes. 127-131, 289-298). Die Führung dieses Dachverbandes sah sich offenkundig der Spannung zwischen Authentizität der Interessenvertetung und staatlicher Vereinnahmung ständig ausgesetzt. Nur wollte sie in dieser Lage innere Verpflichtungsfähigkeit keinesfalls als Folge eines privilegierten Zugangs zur Politik verstanden wissen, sondern als Ausdruck innerer Solidarität: "Verpflichtungsfähigkeit ... der BDI-Verbandsspitze beruht auf ihrem durch das verbandliche Selbstverständnis stabilisierten Vertrauensvorschuß" (ebenda, 131). Es geht demnach in der Verbandsarbeit nicht allein um situative Interessenvertretung, sondern auch um die Ehre der Profession und um den guten Ruf der Industrie. "Die Mitgliederpartizipation und das verbandliche Selbstverständnis bilden zugleich jene Ressourcen, auf die eine Verbandsführung ihre Integrationsbemühungen stützen kann und muß" (ebenda, 130). Geling ihr die autonome Integration nicht, und dies ist bei heterogenen Spitzenverbänden naheliegend, bleibt sie auf Unterstützung von außen angewiesen - und riskiert dabei wiederum Autonomie und Selbstverständnis. Solche Sorgen eines Verbandsfunktionärs werden von der Korporatismustheorie bündig erfasst - was zweifellos ein Gutteil ihrer politikwissenschaftlichen Attraktivität ausmacht.

 
 

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