Roland Czada                                                                        Text Drucken 
Erschienen in: Lütz, Susanne / Roland Czada (Hrsg.), 2004: Der Wohlfahrtsstaat. Transformation und Perspektiven.
Wiesbaden: VS. 127 - 154.
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt 
Sozialpolitik und Arbeitsmarkt im Wandel 
1. Einleitung 
1. Einleitung 
Der westdeutsche Wohlfahrtsstaat der frühen 80er Jahre galt als ein institu-
tionell segmentiertes, von breitem Parteienkonsens und kooperativer Selbst-
verwaltung getragenes, insgesamt leistungsfähiges System sozialer Sicherung 
(Katzenstein 1987: 168-192). Auf den ersten Blick hat sich daran im Ver-
lauf der folgenden Jahrzehnte nicht viel geändert. Die institutionelle Seg-
mentierung ist nach der 1995 eingeführten separaten Pflegeversicherung 
noch ausgeprägter. Zur Differenzierung nach Risiken (Alter, Krankheit, Ar-
beitsunfall, Arbeitslosigkeit, Pflegebedürftigkeit) kommen weiterhin solche 
nach Status und Region. Arbeiter, Angestellte, Bergleute und Beamte sind 
verschiedenen Alterssicherungssystemen zugeordnet. Mehrere Landesversi-
cherungsanstalten (LfA) sind mit der Altersversorgung von Arbeitern be-
traut, wohingegen die Renten der Angestellten von einer Bundesversiche-
rungsanstalt (BfA) getragen werden. Daneben gibt es mit den Knapp-
schaftskassen eine getrennte Alterssicherung für Bergleute. Beamtenpensio-
nen werden aus den Staatshaushalten der Länder und des Bundes finanziert. 
Die Krankenversicherung ruht nach wie vor auf einer Vielzahl von lokalen, 
regionalen und nationalen Institutionen. Seit 1996 ist die Wahl des gesetzli-
chen Krankenversicherungsträgers freigestellt, so dass sich die Trennung 
nach Arbeitern und Angestellten, örtlichen und überörtlichen sowie be-
triebseigenen Krankenkassen abschwächt. Gleichzeitig wurde ein Risiko-
strukturausgleich eingeführt, um Versicherungen mit schlechten Risiken vor 
dem einsetzenden Wettbewerb zu schützen. Nutznießer sind vor allem die 
mit den größten Risiken belasteten Allgemeinen Ortskrankenkassen (A-
OKs), die Ende des 19. Jahrhunderts im Rahmen der BismarckschenWohl-
fahrtsinitiative gegründet worden waren, um Arbeiter von gewerkschaftli-
chen Kassen wegzuführen (Katzenstein 1987: 1972). 
Noch kommen Arbeitnehmer und Arbeitgeber je zur Hälfte für den 
Großteil der Kosten auf. Daneben steigen die staatlichen Zuweisungen stetig. 
So wurde 1999 eine Energiesteuer eingeführt, um daraus die defizitären Ren-
tenkassen zu sanieren. Neben den überwiegend beitragsfinanzierten Systemen 
der gesetzlichen Sozialversicherung gibt es eine nicht unbeträchtliche Anzahl 
steuerfinanzierter Sozialprogramme, um jene sozialen Notlagen abzudecken, 
die aus den gesetzlichen Versicherungssystemen herausfallen. Abgesehen von 
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den sozial Schwachen, den Langzeitarbeitslosen und den Asylsuchenden pro-
fitiert, wie schon von Katzenstein (1987: 186) beschrieben, fast jeder Bundes-
bürger von staatlichen Zuwendungen für Kinder, Wohnung, Hausbau, Bil-
dungsausgaben oder Sparzulagen. Erst unter dem Eindruck einer eskalieren-
den Fiskalkrise werden ab 2003 Teile des Sozialbudgets ernsthaft zur Disposi-
tion gestellt. Der Staatsanteil an den  Sozialleistungen stieg von 29,6% (1991) 
auf 32,5% (2000) an, während der Anteil der Versicherungsbeiträge der Ar-
beitnehmer bei rund 28% konstant blieb und der Arbeitgeberanteil von 
42,5% auf 36,9% absank (Eurostat 2003: 7). Trotz steigender Staatszuschüsse 
flossen ab Mitte der 90er Jahre mehr als 40 Prozent eines Durchschnittsein-
kommens in die gesetzliche Sozialversicherung. Deutschland ist das einzige 
OECD-Land, in dem Sozialbeiträge dieser Höhe anfallen. Diese Lohnneben-
kosten zu senken wurde daher ein Hauptziel sozialpolitischer Reformbemü-
hungen.
Bereits in der ersten Hälfte der der 90er Jahre geriet der deutsche Wohl-
fahrtsstaat in erhebliche Turbulenzen. Kurzfristige Sanierungsmaßnahmen 
bestanden aus Kosteneinsparungen und Leistungskürzungen bei deutlich zu-
nehmender Steuerfinanzierung. Trotz unveränderter Grundstrukturen hat 
sich die Betriebsweise des Wohlfahrtsstaates den neuen Knappheitsbedingun-
gen angepasst. Dies betrifft nicht nur die Art der Finanzierung, sondern vor 
allem auch die Leistungsspektren der einzelnen Versicherungs- und Versor-
gungszweige sowie den konzeptuellen Rahmen und die politischen Macht-
strukturen der Sozialpolitik. Im Vergleich zu Peter Katzensteins Schilderung 
von 1987 deuten insbesondere das wachsende politische Konfliktniveau und 
beachtliche Leistungskürzungen auf einen Wohlfahrtsstaat im Übergang hin. 
Obwohl dieser Prozess in keiner Weise abgeschlossen ist, sind seine treiben-
den Kräfte, wie sie im nächsten Abschnitt dargestellt werden, deutlich er-
kennbar.
2. Rahmenbedingungen der Sozialpolitik: Industrielle 
Modernisierung und deutsche Vereinigung 
Um die jüngeren politischen Veränderungen verstehen zu können, müssen 
wir uns zunächst einigen kontextuellen Faktoren zuwenden. Unter diesen 
stechen zwei Sachverhalte hervor, die als besondere Herausforderungen auf 
den deutschen Wohlfahrtsstaat einwirken. Der eine betrifft das so genannte 
Modell Deutschland, der andere entstammt der deutschen Vereinigung. Ge-
wiss wird der deutsche Wohlfahrtsstaat darüber hinaus auch mit Zwängen 
konfrontiert, die aus der Globalisierung und den demografischen Verände-
rungen resultieren; auf Grund ihres eher allgemeinen Charakters sollen die-
se jedoch erst später behandelt werden. 
Seit Mitte der 70er Jahre werden die deutschen Sozialversicherungskas-
sen dazu benutzt, einen Großteil jener Arbeitskräfte zu entschädigen, die 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               129 
von industriellen Modernisierungspolitiken betroffen sind. Deutschland hat 
im Gegensatz zur amerikanischen und britischen workfare statt welfare Poli-
tik oder den skandinavischen aktiven Reintegrationsmaßnahmen seine we-
niger produktiven Arbeitskräfte auf Dauer in die Wohlfahrtssysteme abge-
schoben. Eine Produktivitätskoalition aus Gewerkschaften, Arbeitgebern 
und Staat nutzte sie dazu, Auflösungsverträge mit älteren Arbeitnehmern zu 
finanzieren und die Entlassung gering qualifizierter Arbeitnehmer zu er-
leichtern - eine industrielle Modernisierungsstrategie, die als - Modell 
Deutschland - bekannt wurde (Esser/Fach/Väth 1978; Czada 2003b). 1984 
wurde ein Vorruhestandsgesetz, 1988 ein Altersteilzeitgesetz erlassen, zu de-
ren Umsetzung Arbeitgeber und Betriebsräte maßgeblich beitrugen. Beide 
Maßnahmen waren zunächst durch Mittel aus der Arbeitslosenversicherung 
und staatliche Zuwendungen finanziert worden. Als die Finanzierung durch 
die Bundesanstalt für Arbeit 1988 auslief, sahen sich die Rentenversiche-
rungsträger bald vor einer doppelten Herausforderung: Sie mussten zum ei-
nen eine große Zahl westdeutscher Frührentner und zum anderen - nach 
der deutschen Vereinigung - sämtliche Rentner Ostdeutschlands auffangen 
(Tabelle 1). 
Tabelle 1: Zunahme und Ausmaß von Frühpensionierungen (1975-1999) 
Jahr           Durchschnittsalter
 von arbeitslos 
gewesenen 
Neurentnern 
Neurenten von Arbeitslosen in 
Prozent aller Neurenten 
Rente nach -
Arbeitslosigkeit in 
Prozent aller Renten
Westdeutsch-
land
Ostdeutschland  
 
Männ-
lich
Weib-
lich
Männ-
lich
Weib-
lich
Männ-
lich
Weib-
lich
West        Ost 
1975            56.3          59.2             3.7             0.7  
 
3.5   
1980            54.7          57.7             8.4             1.6  
                 4.8   
1985            54.8          54.3           11.9             1.1  
                 7.9  
1990            53.9          52.6           13.7             1.8  
               10.7  
1995            53.5          51.4           24.2             3.4              60.2         6.4               8.7         10.2 
1999            52.9          50.8           26.9             2.1              54.5         1.8             14.4         31.4 
Quelle: Hagen/Strauch 2001: 17; Verband der Rentenversicherer 
Die Zunahme von Arbeitslosen und Frührentnern hatte zur Folge, dass ein 
wachsender Anteil der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter Sozialleistun-
gen beanspruchte, die von immer weniger Beitragszahlern finanziert werden 
mussten. Diese Scherenentwicklung aus Leistungsansprüchen und Versiche-
rungsbeiträgen ist in Deutschland besonders ausgeprägt. Da die deutsche 
Rentenversicherung die Beiträge der Versicherten nicht anspart, sondern di-
rekt an die Leistungsempfänger weiterleitet (Umlagesystem), gerät sie bei 
einer relativen Abnahme beitragspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse in 
eine Finanzierungslücke.  
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Bereits 2001 standen 27,817 Millionen sozialversicherungspflichtigen 
lohnabhängigen Beschäftigten nur noch 29,161 Millionen Einwohner ge-
genüber, die offiziell ausschließlich von Sozialeinkommen lebten (BMGS 
2003, Schaubild 1). Ihre Zahl setzt sich zusammen aus 23,26 Millionen Al-
tersrentnern (Arbeiter-, Angestellten- und Knappschaftsrenten), 3,22 Milli-
onen Empfängern von Arbeitslosengeld oder -hilfe, 2,7 Millionen Sozialhil-
feempfängern und 318.000 Beziehern von Leistungen nach dem Asylbe-
werbergesetz. Nicht enthalten sind 1,133 Millionen Empfänger von Unfall-
renten und 670.000 von der Bundesanstalt für Arbeit aus Beiträgen der Ar-
beitslosenversicherung und Bundeszuschüssen finanzierte Personen in Um-
schulungsmaßnahmen und Beschäftigungsgesellschaften. 1985 zeigte die 
entsprechende Gegenüberstellung 20,378 Millionen sozialversicherungs-
pflichtige Lohnempfänger und 13,485 Millionen Menschen, die von der 
Wohlfahrt lebten.
1
 Somit ist von 1985 bis 2001 der Quotient aus Lohnein-
kommens- und Sozialleistungsempfängern von 1,5 auf 1 zurückgegangen. 
Die Abnahme von sozialbeitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen 
resultiert nicht allein aus einer widrigen Wirtschaftsentwicklung, sondern 
auch aus Besonderheiten des deutschen Wohlfahrtsstaates. Bis in die jüngste 
Vergangenheit stand eine forcierte Reintegration in den Arbeitsmarkt 
(workfare for welfare) nicht auf der politischen Agenda. Sie erschien nicht 
vordringlich, solange die sozialen Sicherungssysteme Arbeitslose ohne nen-
nenswerte Probleme aufnehmen konnten. Und selbst als Finanzierungslü-
cken absehbar wurden, verharrten die maßgeblichen Akteure bei der auf ar-
beitsmarktpolitische Ausgrenzung angelegten Strategie des "selektiven Kor-
poratismus". Dies mag daran gelegen haben, dass die Sozialhaushalte seit 
dem Wirtschaftswunder der 50er Jahre zumeist ohne besonderes Zutun der 
Politik gewachsen waren. Dies führte nun aber nicht etwa zu sporadischen 
Kürzungen der Beitragslast. Vielmehr gefiel sich die Sozialpolitik vermutlich 
aus wahlpolitischen Gründen vor allem darin, neue soziale Aufgaben zu 
entdecken, den Leistungsumfang auszuweiten und Einnahmen wie Lasten 
zwischen den verschiedenen Sozialversicherungshaushalten hin und her zu 
schieben. Dauerhafte Einnahmeausfälle in allen Sozialhaushalten waren im 
eingeübten Handlungsrepertoire der Sozialpolitiker nicht vorgesehen (vgl. 
auch den Beitrag von Christine Trampusch in diesem Band). 
                                                       
1
Wohlfahrtsempfänger sind die in keinem Erwerbsarbeitsverhältnis stehenden Empfänger von 
Leistungen der gesetzlichen Sozialversicherungen und der allgemeinen Wohlfahrtspflege (bes. 
Sozialhilfe). Um den Besonderheiten einer "gemischten Wohlfahrtsökonomie" (Pedersen 
2003: 109; Rein/Rainwater 1986) gerecht zu werden, müssten streng genommen auch Emp-
fänger privater und betrieblicher Versicherungssysteme sowie von Transfers und Dienstleis-
tungen innerhalb von Familienverbänden hinzugerechnet werden. Infolge des hohen De-
ckungsgrades der gesetzlichen Sozialversicherung spielen diese Vorsorgeformen in Deutsch-
land aber nur eine ergänzende Rolle. Daher ändert zum Beispiel die Einbeziehung von betrieb-
lichen und privaten Renten nichts an der Zahl der Leistungsempfänger. 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               131 
Jahr
1970            1975            1980           1985            1990            1995           2000          2005
10000
15000
20000
25000
30000
35000
40000
45000
Anmerkungen: 
Erwerbspersonen (abhängig Beschäftigte und Selbständige) nach Mikrozensus (1% Stich-
probe über die Bevölkerung und den Arbeitsmarkt; BMGS 2003, Tabelle 2.3). 
** Beitragszahler in der gesetzlichen Sozialversicherung nach Daten der gesetzlichen Renten-
versicherung (BMGS 2003, Tabelle 2.6A). 
*** Personen, die von Sozialeinkommen leben. Eingeschlossen sind Rentner der Arbeiter-, 
Angestellten und Knappschaftsrentenversicherung, Empfänger von Arbeitslosengeld- und 
-hilfe, Sozialhilfeempfänger und Empfänger von Asylbewerberleistungen.  
Nicht einbezogen sind die Empfänger von Beamtenpensionen und Unfallrenten sowie
BaföG-Empfänger und Arbeitslose in Umschulungsmaßnahmen und öffentlich finanzier-
ten Beschäftigungsgesellschaften (BMGS 2003, Tabellen 8.1 - 8.18). 
Quelle:  BMGS (Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung): Statistisches Ta-
schenbuch. Arbeits- und Sozialstatistik, 2000, 2002, 2003. Berlin 
Die aktive Beschäftigungspolitik kannte auch in den 90er Jahren im 
Wesentlichen nur Maßnahmen zur Verbesserung der Qualifikation und - 
vor allem in Ostdeutschland - der zeitlich befristeten Aufnahme in Beschäf-
tigungsgesellschaften. Die Schaffung von Arbeitsplätzen mit geringer Quali-
fikation und geringem Einkommen blieb demgegenüber gänzlich reaktiv: 
Es bedurfte eines Urteils des Bundesverfassungsgerichts von 1996, um Steu-
erermäßigungen für Geringverdienende einzuführen. Halbherzige Regelun-
gen der Teilzeitarbeit, insbesondere von Mini-Jobs waren stets nur eine 
Antwort auf eigendynamische Entwicklungen des Angebots geringfügiger 
Beschäftigung und der großen Nachfrage nach einem Nebeneinkommen. 
Schaubild 1: Erwerbstätige, sozialversicherungspflichtig Beschäftigte 
und Sozialeinkommensempfänger (1975 - 2002) 
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So entstand ein vor allem von Jugendlichen, Hausfrauen und Rentnern in 
Anspruch genommener Teilzeitarbeitsmarkt. Indessen sind keine speziellen 
Anreize zur Arbeitsaufnahme von Sozialhilfeempfängern geschaffen worden. 
Für sie bedeuten Arbeitseinkommen nach wie vor den Verlust von Sozial-
leistungsansprüchen. Eine Arbeitsaufnahme erhöht in diesem Fall das effek-
tive Einkommen nur unwesentlich und kann im Falle größerer Familien 
sogar zu Einkommensverlusten führen. 
Trotz der Abnahme von sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungs-
verhältnissen ist die erwerbstätige Bevölkerung insgesamt gestiegen. Ursache 
dafür ist - neben im Verlauf der 90er Jahre abklingenden vereinigungs-
bedingten Effekten - die Zunahme von Mini-Jobs und der Scheinselbstän-
digkeit. Seit Mitte der 90er Jahre waren geringfügige Teilzeitjobs mit einer 
Arbeitszeit von unter 15 Stunden pro Woche und einem Gehalt von nicht 
mehr als 620 DM - seit April 2003 400 Euro - von der Besteuerung und 
von sozialversicherungsrechtlichen Verpflichtungen und Berechtigungen 
ganz oder (seit April 2000) teilweise freigestellt. Folgt man den Angaben des 
Kölner Instituts für Sozialforschung und Gesellschaftspolitik(ISG 1999), so 
hat sich die Anzahl der "Mini-Jobber" zwischen 1987 und 1992 auf 4,4 
Millionen verdoppelt und stieg dann weiter auf 5,6 Millionen (1997) und 
6,5 Millionen (1999) an. Davon sind 70% weiblich und zumeist Hausfrau-
en. Mehr als 50% sind jünger als 25 oder älter als 55 (die Zahlen beziehen 
sich auf 2002, Bundesanstalt für Arbeit, Referat für Beschäftigungsstatistik). 
Obwohl Mini-Jobs zur Finanzierung der Sozialversicherungssysteme nur 
wenig beitragen und kaum nennenswerte Leistungsansprüche generieren, 
stützen sie durch den Zuverdienst von Familienangehörigen letztendlich das 
mit dem Bismarckschen Sozialversicherungsstaat verbundene Haupternäh-
rermodell. 
Im Verlauf der 90er Jahre haben immer mehr Scheinselbständigedie
Sozialversicherung umgangen. Obwohl formell selbständig, bleiben sie von 
einem Arbeitgeber abhängig. So wurden zum Beispiel LKW-Fahrer formal 
Besitzer eines LKWs, der von einem Speditions- oder Fuhrunternehmen fi-
nanziert und in dessen Auftrag eingesetzt wird. Ähnliches findet sich in vie-
len Dienstleistungsbereichen (Verlage, Zeitungen, Konstruktion, Design, 
IT-Dienstleistungen etc.). Trotz gesetzlicher Einschränkungen wächst die 
Scheinselbständigkeit weiter an. Schätzungen für 2001 variieren zwischen 
einer und 1,4 Millionen Scheinselbständiger. Die Gesamtzahl von sieben 
Millionen Mini-Jobbern und Scheinselbständigen kann als eine Folge der 
stufenweise ansteigenden Lohnnebenkosten in Nachwirkung der deutschen 
Vereinigung betrachtet werden (ISG 1999).  
Die disproportionale Zunahme von Wohlfahrtsempfängern und der 
damit einhergehende Anstieg der Lohnnebenkosten begannen 1992. 
Schaubild 1 zeigt deutlich, dass es sich dabei um eine unmittelbare Auswir-
kung des so genannten Vereinigungsschocks (Sinn/Sinn 1993; Schluch-
ter/Quint 2001) handelt. Am 3. Oktober 1990 trat die frühere Deutsche 
Demokratische Republik der Bundesrepublik Deutschland bei. Am selben 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               133 
Tag fiel das deutsche BIP/Einwohner um etwa DM 6.000 auf DM 34.990 
als Folge dessen, dass die Anzahl der Einwohner stärker anstieg als die wirt-
schaftliche Leistung. Hinzu kam, dass in Ostdeutschland ein historisch 
einmaliger Deindustrialisierungs- und Modernisierungsprozess massive Ar-
beitsplatzverluste verursacht hatte, deren soziale Kosten von der westdeut-
schen Wirtschaft geschultert werden mussten. Der Gesamtnettotransfer in 
die neuen Bundesländer (Föderaler Finanzausgleich, Sonderprogramme des 
Bundes, EU-Beihilfen, Bundesergänzungszuweisungen,und Sozialversiche-
rungsbeiträge abzüglich der im Osten erhobenen - und dabei nur teilweise 
erwirtschafteten - Steuern und Sozialversicherungsbeiträge) stieg in den 
frühen 90er Jahren auf nahezu zehn Prozent des Bruttoinlandsproduktes 
und pendelte sich zum Ende des Jahrzehntes auf vier Prozent des BIP ein. 
Sinn und Westermann (2001) berichten von einem Leistungsbilanzdefizit 
der neuen Länder in Höhe von 50 Prozent ihres eigenen Bruttoinlandspro-
duktes. Somit ist ihre Abhängigkeit von Ressourcenzuflüssen wesentlich 
höher als die des süditalienischen Mezzogiorno, welcher häufig als klassi-
sches Beispiel einer parasitären Wirtschaft bezeichnet wird 
(Sinn/Westermann 2001: 36-37). Zwei Drittel des ostdeutschen Leistungs-
bilanzdefizits wurden bislang über öffentliche Transfers finanziert, ein Drittel 
durch private Investitionen und Einkommensübertragungen ausgeglichen. 
Dabei entfielen die Hälfte der öffentlichen Transfers auf die Sozialausgaben 
und nur zwölf Prozent auf öffentliche Infrastrukturinvestitionen (Sinn 
2000). Folglich stieg der Sozialleistungsquotient (d.h. der Anteil der öffent-
lichen Wohlfahrtsausgaben am BIP) nach der Vereinigung deutlich an 
(Schaubild 2). Vor der Vereinigung waren die Sozialversicherungskassen ge-
füllt und schienen gut vorbereitet, die direkten volkswirtschaftlichen Kosten 
der Vereinigung zu tragen. So verfügten die Rentenkassen 1989 über den 
historischen Höchststand einer Dreimonatsreserve. 2003 ist die Reserve auf 
die Rentenzahlungen eines halben Monats abgesunken und geriet damit in 
einen für ein Umlagesystem kritischen Zustand. Die Kassenstände wurden 
niedriger, obwohl die Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland mehrfach 
angehoben wurden - und dies in einer Zeit, in der es allen europäischen 
Nachbarländern gelang, die Sozialbeiträge zu senken. 
1999 blieb einem Fabrikarbeiter weniger als die Hälfte dessen als Ein-
kommen, was an Lohnkosten für ihn anfallen. Zum Vergleich: In Großbri-
tannien oder in den Vereinigten Staaten sind es 70 Prozent und mehr. Die 
ansteigenden Wohlfahrtsausgaben und dadurch steigenden Lohnkosten ver-
langsamten die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt. Während das Ausmaß 
dieses unmittelbaren Beschäftigungseffektes zwischen Gewerkschaften und 
Arbeitgebern umstritten blieb, ist die durch steigende Lohnnebenkosten 
bedingte Stagnation des verfügbaren Einkommens offenkundig. Im Verlauf 
der 90er Jahre stieg der Reallohn pro Beschäftigten vor Steuern und Abga-
ben um 2 Prozent; jedoch betrug der Anstieg nach Steuern und Abgaben 
nur 0,3 Prozent. Infolgedessen schlug sich die maßvolle Lohnpolitik der 
Gewerkschaften in der zweiten Hälfte der 90er Jahre nicht, wie erwartet, in 
134                                                                                           Roland Czada 
höheren Beschäftigtenzahlen nieder, sondern bremste das Wachstum des 
verfügbaren Einkommens. Auf diese Weise wurde der private Verbrauch 
gedrosselt; sein jährliches Wachstum lag deutlich unter dem vergleichbarer 
Industriestaaten. 
Schaubild 2: Entwicklung der Sozialausgabenquote (1980-2000) 
Quelle: BMGS 2003 
3. Zwischen Reparatur und Umbau des Sozialstaates 
Vor der Vereinigung waren ernsthafte Bemühungen um eine Reform des 
Wohlfahrtsstaates kaum ersichtlich. Die konservativ-liberale Regierung star-
tete einige Versuche, den Arbeitsmarkt zu flexibilisieren und mäßige Ein-
schnitte in der Sozialversicherung auf den Weg zu bringen. Eine dezidierte 
Reformpolitik kam dagegen nicht zustande. Dies ist mit den hohen Kon-
senszwängen des politischen Systems erklärt worden, wie sie insbesondere 
aus der legislativen Vetomacht des Bundesrats und dem Verbände-
Korporatismus herrühren (Lehmbruch et al. 1988). Seit Gründung der 
Bundesrepublik ist insbesondere die Sozialpolitik stark von bipartistischen 
(Gewerkschaft, Arbeitgeber), tripartistischen (Staat, Gewerkschaften, Ar-
beitgeber) und anderen intermediären Akteuren (Versicherungsträger, 
Dienstleistungsanbieter, Sachverständigenräte, berufsständische Organisati-
onen) zwischen Staat und Markt geprägt worden. 
Bereits seit Mitte der 70er Jahre dienten institutionelle Besonderheiten 
des politischen Systems als Erklärung für politische Fehlentwicklungen. Ger-
Jahr
1985
1990
1995
2000
28
30
32
34
36
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               135 
hard Lehmbruch betont die Unvereinbarkeit von Parteienwettbewerb und 
kooperativem Föderalismus (Lehmbruch 1976; 2002). Ähnlich bietet auch 
Fritz W. Scharpfs Forschung zur "Politikverflechtung" und zur "Politikver-
flechtungsfalle!" eine Schlüsselerklärung für Hindernisse und Versäumnisse bei 
der Formulierung und Ausführung von Reformprogrammen (vgl. Scharpf 
1985). Auch Peter Katzenstein (1985) betont den hohen politischen Kon-
sensbedarf im "semisouveränen" Staat der Bundesrepublik, obgleich er mit 
dem Hinweis auf die institutionelle Bevorzugung inkrementeller Problemlö-
sungen eben das als eine Tugend preist, was Lehmbruch und Scharpf als Kon-
struktionsfehler beschrieben haben. Ungeachtet der großen Erklärungskraft 
dieser Theorien ist es fraglich, ob sie den sozialpolitischen Kurs der Politik in 
den 80er Jahren zureichend erklären können. Immerhin verfügte die damalige 
konservativ-liberale Regierung über eine große Mehrheit im Bundesrat. Im 
Blick auf institutionelle Vetopotenziale war die Kohl-Regierung der 80er Jah-
re souveräner als alle ihre Vorgänger und Nachfolger. Selbst die Regierung 
Adenauer verlor in den 50er Jahren ihre Mehrheit im Bundesrat für einige 
Monate (März 1956-Januar 1957). Das Problem gegenläufiger Mehrheiten in 
einer faktischen Zwei-Kammer-Legislative trat historisch nicht vor dem Ende 
der Großen Koalition 1972 auf und verschärfte sich nach 1976. Im Vergleich 
dazu verfügte die CDU/CSU-FDP Koalition von 1982 über die gesamten 
80er Jahre bis zur Niedersachsen-Wahl 1990 über eine Mehrheit von fünf bis 
13 Stimmen. Dies und eine solide Bundestagsmehrheit sowie geschwächte 
Gewerkschaften (nachdem die Arbeitslosenzahl nach 1981 auf über eine Mil-
lion geklettert war) machte Kohl zum mutmaßlich mächtigsten Kanzler nach 
Adenauer. 
Um die Politik während der 80er Jahre erklären zu können, muss der 
Fokus auf einige Zusammenhänge außerhalb des Bereichs konstitutioneller 
Vetostrukturen gerichtet werden. Zohlnhöfer (2001) weist auf die Befürch-
tung der konservativ-liberalen Kohl-Regierung hin, durch wohlfahrtsstaatliche 
Reformen, die notwendigerweise Einschnitte beinhaltet hätten, die Wähler-
mehrheit zu verlieren. Ein zweiter wichtiger Grund war der starke Einfluss des 
Arbeitnehmerflügels in der CDU. Geführt wurde er von Norbert Blüm, ei-
nem ausgewiesenen Vertreter des wohlfahrtsstaatlichen Konsensmodells. Der 
christdemokratische, katholische Minister agierte vom Beginn der Kohl-
Regierung 1982 bis zur Machtübernahme durch die Schröder-Regierung 
1998 als mächtiger und treuer Anhänger des Bismarckschen Wohlfahrtsstaa-
tes. Hinzu kommt, dass die wirtschaftliche und fiskalische Lage während der 
80er Jahre nicht allzu schlecht war. Die Haushaltszahlen und das Steuerauf-
kommen hatten sich zum Ende des Jahrzehntes spürbar verbessert. Trotz 
langsamen Wachstums und einer mäßigen Beschäftigungslage waren die Un-
ternehmensgewinne stark angestiegen. 1989 verzeichneten die Rentenversi-
cherungskassen die höchsten Finanzreserven seit Einführung des Umlagever-
fahrens. Somit befanden sich die Regierungspläne, Steuern und Sozialabgaben 
spürbar zu senken, im Einklang mit der fiskalischen und makroökonomi-
schen Situation der ausgehenden 90er Jahre. Wie optimistisch die Aussichten 
136                                                                                           Roland Czada 
waren, wird aus dem Bericht des Sachverständigenrates zur Begutachtung der 
gesamtwirtschaftlichen Entwicklungerkennbar, der 1989 einige wenige Wo-
chen vor dem Fall der Berliner Mauer veröffentlicht wurde (SVR 1989). Die 
""fünf Wirtschaftsweisen", zumeist neoliberale Gewerkschaftskritiker, legten 
den Gewerkschaften nahe, von einer Strategie qualitativer Forderungen abzu-
rücken und stattdessen Gehaltsforderungen zu stellen, um an den vorange-
gangenen Steigerungen der Unternehmenseinkommen teilzuhaben. Der Vor-
schlag zielte auf eine Erhöhung der Massenkaufkraft, wobei die Regierung 
niedrigere Steuern, niedrigere Sozialversicherungsbeiträge und höhere Löhne 
gegen die Bereitschaft der Gewerkschaften zur Deregulierung des Arbeits-
marktes tauschen wollte .- eine korporatistische Strategie, die an ähnliche, spä-
ter erfolgreiche Wachstumskonzepte in den Niederlanden und in Schweden 
erinnert.
Wirtschaftspolitische Kurswechsel in Großbritannien, Schweden und den 
Niederlanden zeigen, dass ein zunehmender Problemdruck die entscheidende 
Voraussetzung für politische Veränderungen sein kann. Die Leidensschwelle, 
bei deren Überschreitung Regierungen sich ungeachtet ihres ideologischen 
Hintergrundes bemüßigt fühlen zu handeln, war in Deutschland selbst wäh-
rend der "Vereinigungskrise" der Jahre 1992/92 noch nicht erreicht. Wenn 
man all dies berücksichtigt - die bis 1991 bestehende solide Mehrheit der 
Kohl-Regierung in beiden Kammern, vorherrschende Wahlkampferwägun-
gen bei Fragen von Leistungskürzungen, ein starker, den Wohlfahrtsstaat be-
fürwortender Flügel innerhalb der Union und der mäßige Problemdruck in 
dieser Zeit - so können konstitutionelle Vetopotentiale das Ausbleiben einer 
Wohlfahrtsstaatsreform in den 80er Jahren nicht erklären. Dies wird noch 
deutlicher, wenn man diese Periode mit der nachfolgenden vergleicht. 
Unmittelbar nach der deutschen Vereinigung konnte die Regierung die zu-
vor geplante Senkung der Einkommenssteuern und Sozialabgaben ebenso we-
nig umsetzen wie eine Reform des Arbeitsmarktes. Vetopotenziale können das 
Ausbleiben dieses 1989 als Wachstumsprogramm konzipierten Reformpakets 
nicht erklären. Im Gegenteil: Die Vereinigungspolitik der frühen 90er Jahre 
kann als "letzter Triumph" von Korporatismus, Parteienkonkordanz und ko-
operativem Föderalismus in Deutschland bezeichnet werden (Sally/Webber 
1994; Czada/Lehmbruch 1998). Die politische Konsensbereitschaft war umfas-
send, und die parlamentarische Position der Regierung Kohl wurde in Folge ih-
res Wahlsieges von 1990 sogar noch stärker. Zur gleichen Zeit verzichteten die 
Länder auf die Ausübung ihre verfassungsmäßigen Rechte, um die Vereinigung 
rasch und flexibel zu bewältigen (Lehmbruch 1990). Das alte westdeutsche 
Modell wurde zum Beispiel wieder belebt, als die Bundesregierung im März 
1990 die Grundsätze zur Zusammenarbeit von Bund, neuen Ländern und Treu-
handanstalt für den AufschwungOst veröffentlichte. Zeitgleich trafen sich in der 
Kanzlerrunde zum Aufbau-Ost führende Vertreter von Unternehmen, Gewerk-
schaften und der parlamentarischen Opposition über mehrere Jahre hinweg re-
gelmäßig zur wechselseitigen Information und Abstimmung von Maßnahmen 
der Vereinigungspolitik und des Aufbaus-Ost. 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               137 
Obgleich die SPD sowohl im Bundestag als auch im Bundesrat in der 
Minderheit war, wurde sie in die Netzwerke der Vereinigungspolitik mit der 
Treuhandanstalt als zentrale Einrichtung
2
 eingebunden. Prominente Sozial-
demokraten wie von Dohnanyi, Gohlke, Rohwedder und Gewerkschaftsfüh-
rer wie Rappe, Steinkühler und Schulte wurden in führende Positionen in-
nerhalb der exekutiven, überwachenden und operativen Struktur der THA 
berufen. Die frühen 90er Jahre waren durch die Wiederbelebung eines weit 
gefächerten Parteienkonsens und korporativer Entscheidungsfindung gekenn-
zeichnet. Die segmentierte Politikstruktur konnte für eine Weile überbrückt 
werden - zumindest bis 1992, als die ersten Zeichen einer ernsten wirtschaft-
lichen Krise die ursprünglichen Konzepte des Institutionentransfers und 
marktgeleiteten Transformationsprozesses in Frage stellten.  
In der Vereinigungspolitik war man zunächst allgemein davon ausgegan-
gen, dass die westdeutsche institutionelle governance-Struktur bei ihrer Über-
tragung in die neuen Bundesländer nicht verändert werden sollte (Schäuble 
1991: 115-116). Demnach sollte das gesamte westdeutsche System - Gesetze, 
untergesetzliche Regelwerke und informelle Praktiken, Behörden und Ver-
bände - einschließlich ihrer wohlbekannten Defizite in Ostdeutschland imp-
lementiert werden. Der Institutionentransfer gelang mehr oder weniger (Cza-
da/Lehmbruch 1998). Indessen waren die westdeutschen Institutionen den 
außerordentlichen Aufgaben der Vereinigung und des Aufbaues-Ost nicht 
gewachsen. Es gelang nicht, die sozialistische Kommandowirtschaft rasch in 
eine erfolgreiche kapitalistische Marktwirtschaft zu verwandeln. Als dies ab-
sehbar wurde, kam es zur Novellierung einer Reihe von Gesetzen, die den Er-
fordernissen des Aufbaus-Ost angepasst wurden (Arbeitsförderungsgesetz, 
Vermögensgesetz, Treuhandanstalt-Kreditaufnahmegesetz, Teile des Sozialge-
setzbuchs etc.). Höchst bemerkenswert ist, dass alle diese Reparaturgesetze mit 
großen, oft nahezu einstimmigen parlamentarischen Mehrheiten verabschie-
det wurden, obwohl sie weit reichende Umverteilungen nicht nur zwischen 
Ost und West, sondern auch zwischen Gruppen von Einkommensbeziehern 
in die Wege leiteten. Im folgenden sollen drei Teilbereiche der Sozialpolitik - 
Beschäftigung, Gesundheit und Renten - im Einzelnen behandelt werden. 
4. Beschäftigungspolitik 
Abgesehen von kleineren Veränderungen des Arbeitsmarktförderungsgesetzes
(AFG) blieb der generelle Kurs im Bereich der Beschäftigungspolitik wäh-
rend der 80er Jahre relativ stabil. Die Arbeitslosenzahlen in Westdeutsch-
land hielten sich auf einem mäßig hohen Niveau, während sie in den neuen 
Bundesländern nach der Vereinigung 1990 rapide anstiegen. Zwischen 
                                                       
2
 Die Treuhandanstalt (THA) wurde im April 1990 als institutioneller Treuhänder vom Rang 
einer Bundesbehörde eingerichtet, um mehr als 13.000 Firmen mit mehr als 4 Millionen Be-
schäftigten in Ostdeutschland zu privatisieren, zu sanieren oder aufzulösen.  
138                                                                                           Roland Czada 
1992 und 1995 kam es statt der ursprünglich ins Auge gefassten Liberalisie-
rungen des Arbeitsmarktes zu einer protektiven Arbeitsgesetzgebung, die es 
beispielsweise erlaubte, Beiträge der Arbeitslosenversicherung in groß ange-
legte Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Ostdeutschland zu lenken. In der 
Folge mussten die Beitragssätze zur Arbeitslosenversicherung mehrfach er-
höht werden. Die korporatistisch verwaltete Bundesanstalt für Arbeit (BA) 
konnte im Zuge des Aufbaus-Ost ihren Einfluss auf die Arbeitsmarktpolitik 
merklich erweitern. Sie war die einzige Bundesbehörde, die im gesamten 
Gebiet der neuen Länder durchgängig neue Zweigstellen bei nur beschränk-
ter Einflussnahme der jeweiligen Landesregierungen einrichten konnte. 
Obwohl auch die THA eine Bundesbehörde war, verfügte sie nicht über die 
Erfahrung und die räumliche Substruktur der BA. Abgesehen davon rekru-
tierte sich das Personal der Arbeits- und Beschäftigungsabteilung hauptsäch-
lich aus Arbeitskräften der BA sowie aus Gewerkschaften und Arbeitsgerich-
ten, d.h. die arbeitsmarktpolitische Schnittstelle der Treuhandanstalt war 
eine kleine Kolonie der Bundesanstalt für Arbeit. 
Vor 1995 bemerkten nur wenige die redistributive Funktion der Sozial-
versicherung und deren langfristige Folgen. Mackscheidt (1993) berichtet, 
dass die interregionale Umverteilung durch das Sozialversicherungssystem 
den Umfang des Länderfinanzausgleichs schon vor der deutschen Vereini-
gung seit langem weit überstieg. Während letzteres stets ein kontrovers dis-
kutiertes Thema war, handelte es sich bei der Umverteilung von Sozialversi-
cherungsgeldern aus wohlhabenden Regionen in ärmere Teile des Landes 
um eine verborgene Agenda der Nicht-Entscheidung. In der Tat ist über die 
Ausweitung der interregionalen Umverteilung über die Sozialversicherungs-
haushalte nie parlamentarisch oder administrativ entschieden worden. Sie 
war eine automatische Folge des Institutionentransfers von West- nach 
Ostdeutschland, durch den Leistungsansprüche der ostdeutschen Bevölke-
rung entstanden waren. 
In der Regierungszeit Kohls vor und nach der Vereinigung blieben Ar-
beitsmarktreformen ein Prozess der inkrementellen Bewältigung kurzfristi-
ger finanzieller Probleme (vgl. Blancke/Schmid 2003: 217).Im Gegensatz 
dazu versuchte sich die neu gewählte rot-grüne Regierung an einem umfas-
senden Reformprogramm. Schröder reanimierte die während Kohls Kanz-
lerschaft mehrfach gescheiterte Idee eines korporatistischen Bündnisses. Das 
Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit - ein tripartisti-
sches Gremium von Regierung, Arbeitgeber- und Unternehmerverbänden 
und Gewerkschaften - verfehlte seine ursprünglichen Ziele. 2003 erklärten 
die Gewerkschaften die Gespräche für gescheitert. Als Grund nannten sie 
unüberbrückbare Differenzen zwischen ihren eigenen Politikkonzepten und 
denen der Arbeitgeber. Tatsächlich waren die Differenzen durch den allum-
fassenden Charakter der Gespräche verstärkt worden. Während Gewerk-
schaften und Arbeitgeber über einige Reformschritte einig waren, verursach-
ten andere zunehmend Kontroversen. Ebenso zeigte sich, dass die zerglie-
derte Wohlfahrtsverwaltung nicht in der Lage war, sich selbst mit dem auf 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               139 
höchster politischer Ebene angesiedelten Bündnis für Arbeit zu koordinie-
ren. Hinzu kam, dass die Regierung ihre Mehrheit im Bundesrat einbüßte, 
kurz nachdem das Bündnis für Arbeit eingerichtet worden war. Somit litt 
die Allianz nicht nur unter einer umfassenden politischen Zielsetzung, die 
mit der institutionellen Segmentierung des Wohlfahrtsstaates inkompatibel 
war (Lehmbruch 2000: 98). Sie scheiterte ebenso an der Unfähigkeit der 
von gegenmajoritären Vetokräften gebremsten Regierung, als dritte Partei 
die Einhaltung und Umsetzung korporatistischer Vereinbarungen garantie-
ren zu können (Czada 2003a). War in der Korporatismusforschung lange 
Zeit die interne Verpflichtungsfähigkeit von Arbeitgeberverbänden und 
Gewerkschaften bezweifelt worden, so zeigte sich jetzt, dass eine mit der 
Blockadedrohung der Oppositionsmehrheit im Bundesrat konfrontierte 
Bundesregierung zum unsicheren Partner wurde, an dessen Handlungsfä-
higkeit die Verbände begründete Kritik übten (z.B. Henkel 1997). 
Schon vor dem Ende der Bündnisgespräche wurde ein neuer Ge-
sprächskreis ins Leben gerufen. Die Kommission für moderne Dienstleistungen 
am Arbeitsmarkt (Hartz Kommission), der Peter Hartz, Betriebratsvorsitzen-
der von Volkswagen, vorstand, sollte Vorschläge für neue Dienstleistungen 
der Arbeitsämter und für Beschäftigungsprogramme entwickeln, die mehr 
Wettbewerb und unternehmerische Initiative ermöglichten. Von 13 vorge-
schlagenen Maßnahmen gehören der Umbau der Bundesanstalt für Arbeit 
und die Einführung von "Personalserviceagenturen" (PSA) in allen 181 
deutschen Arbeitsämtern zu den bedeutsameren. Arbeitslose, die innerhalb 
eines halben Jahres keine neue Beschäftigung finden, durchlaufen nun spe-
zielle Vermittlungsmaßnahmen. Der Einsatz von Zeitarbeitsfirmen soll den 
traditionell rechtlich stark abgesicherten Kündigungsschutz aufweichen. 
Darüber hinaus schlug die Kommission vor, Arbeits- und Sozialämter in so 
genannten Job-Centern zusammenzuführen und Arbeitslosenhilfe und So-
zialhilfeleistungen zu einem Leistungssystem zu verbinden. Letzteres ist we-
sentlicher Bestandteil der so genannten Agenda 2010, ein weit reichendes 
wirtschafts-, sozial- und arbeitsmarktpolitisches Reformprogramm, das En-
de 2003 nach erheblichen Vermittlungsbemühungen zwischen Regierung 
und Opposition beschlossen wurde. 
Ein weiterer, bereits 2002 umgesetzter Vorschlag der Hartz-
Kommission zielt darauf ab, den Übergang von der Arbeitslosigkeit in die 
Selbständigkeit zu erleichtern. Hierzu führte die Kommission die Begriffe 
"Ich-AG" beziehungsweise "Familien-AG" ein. Bei einem jährlichen Ein-
kommen zwischen 15.000 und 20.000 Euro zahlen die Gründer einer Ich-
AG/Familien AG einen Steuersatz von 10 bis 15 Prozent.  Außerdem kön-
nen sie für maximal Drei jahre Zuschüsse aus der Arbeitslosenversicherung 
beanspruchen. Tatsächlich sind einige Vorschläge der Hartz-Kommission 
ureigene Vorstellungen eines modernisierungsorientierten Gewerkschafts-
flügels. Walter Riester, vormals stellvertretender Vorsitzender der IG Metall 
und dann Bundesarbeitsminister, hatte die Kommission ins Leben gerufen. 
Der Leiter der Kommission, Peter Hartz, seit über 40 Jahren Mitglied der 
140                                                                                           Roland Czada 
gleichen Gewerkschaft, war 25 Jahre als Arbeitsdirektor des Stahlkonzerns 
Dillinger-Hütte-Saarstahl AG (DHS) tätig. Eine weitere bedeutende Ge-
werkschaft, Ver.di, war ebenso in der Hartz Kommission vertreten. In der 
Kommission fanden sich auch Manager von DaimlerChrysler, BASF und 
der Deutschen Bank sowie der Unternehmensberatungen Roland Berger 
und McKinsey. Des Weiteren gehörten Peter Gasse, Landesvorsitzender der 
IG Metall in Nordrhein-Westfalen, und Harald Schartau, sein Vorgänger 
und späterer Arbeitsminister in NRW, der Kommission an. 
Deutlich erkennbar wird hier der Wechsel von makro-korporatistischen 
Verhandlungen auf höchster Ebene von Regierung und Arbeitsmarktver-
bänden zu einem Politiknetzwerk, das auf SPD-Nähe, Erfahrung und 
Fachwissen beruht. Gleichzeitig wurde der breit gefächerte Themenkatalog 
der vormals korporatistischen Arena auf eine engere Themenauswahl kon-
zentriert. Die rot-grüne Regierung war nach dem Scheitern des umfassen-
den Bündnisprojektes offenkundig um einen auf spezielle Probleme kon-
zentrierten und offenen Stil der Konsensmobilisierung bemüht. Im Gegen-
satz dazu hatte Helmut Kohl sein persönliches Netzwerk, die so genannte 
"Kohl-Maschine" genutzt und "Kamingespräche" mit Spitzenvertretern von 
Industrie und Arbeit geführt. Schröder schien nach seinem Wahlsieg 1998 
zunächst einen ähnlichen Stil vorzuziehen, was ihm in den Medien die Be-
zeichnung "Genosse der Bosse" einbrachte. Die schlechten Erfahrungen mit 
dem Bündnis für Arbeit und der abrupte Wechsel der Spitzenunternehmer 
in das Lager seines Herausforderers Stoiber (CSU) im Vorfeld der Wahl-
kampagne 2002 verletzten Schröder nach Aussagen aus seinem persönlichen 
Umfeld so stark, dass er seine Aufmerksamkeit wieder verstärkt auf ausge-
wiesene Experten aus Partei und Wissenschaft lenkte. 
Im Rahmen der Agenda 2010 wird die Bezugsdauer für Arbeitslosen-
geld gekürzt und die Arbeitslosenhilfe mit der Sozialhilfe verschmolzen. 
Damit entsteht eine neue, bislang undefinierte Schnittstelle zwischen dem 
Arbeitsmarkt und der kommunalen Sozialhilfe. Dies kann zu weiteren Re-
formschritten nicht zuletzt in Richtung auf eine umfassende Neugestaltung 
der kommunalen Finanzverfassung führen. Erste Schritte sind durch die 
Gründung je einer Kommission zur Reform der Gemeindefinanzen und des 
föderativen Systems unternommen worden. 
5. Gesundheitswesen 
Das deutsche Gesundheitswesen ist ein typisches Beispiel für Politikver-
flechtung. Politikentwicklung und Administration sind zwischen Bundes- 
und den Landesregierungen aufgeteilt. Hinzu kommen viele öffentliche, 
halböffentliche und private Verbandsakteure, die oft über rechtlich abgesi-
cherte Vetopositionen verfügen. Neben Verwaltungen, Kammern und Trä-
gern der gesetzlichen Sozialversicherung beherrscht eine große Anzahl ande-
rer Akteure das Feld. Hierzu gehören diverse Interessen- und Dienstleis-
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               141 
tungsorganisationen der Versicherer, der Ärzte und Krankenhäuser, der 
Pharmahersteller und der Verbraucher mit ihren jeweiligen Spitzenverbän-
den.
Die Politikformulierung obliegt spezialisierten Netzwerken, die mit den 
Spitzenverbänden verbunden sind. Eine Unzahl von Sachverständigenräten, 
Kommissionen und Anhörungen sind Bestandteil des Entscheidungsfin-
dungsprozesses. Das inkrementelle "muddling-through" der meisten Re-
formen im Gesundheitswesen beginnt gewöhnlich schon in einer frühen 
Phase des policy cycle und reicht bis in die Phase der Implementation. 
Trotz wiederholter Versuche ist es nicht gelungen, eine institutionelle Um-
strukturierung in den Beziehungen von Krankenversicherungen, Dienstleis-
tungsanbietern und Versicherten durchzusetzen.  
Im Rahmen von Gesundheitsreformen wurden 1982 moderate Zuzah-
lungen für Medikamente, zahnärztliche Behandlungen und Krankenhaus-
aufenthalte eingeführt. Sie sind durch das Gesundheitsreformgesetz 1989 
und dann noch einmal durch das Gesundheitsstrukturgesetz 1992 erhöht 
worden. Neue Regelungen zu Umfang und Art ärztlicher Dienstleistungen 
und die Reorganisation der Krankenkassen sowie Höchstbetragsregelungen 
für die Arzneimittel- und Krankenhausaufenthaltskosten waren weitere Ge-
genstände der Reform. Gleichzeitig wurde es den Versicherten ermöglicht, 
ihre Krankenkasse frei zu wählen (Blanke/Perschke-Hartmann 1994). Das 
Gesetz beruhte auf dem Lahnstein-Kompromiss, der in Lahnstein zwischen 
Christdemokraten und Sozialdemokraten ausgehandelt worden war. Die oft 
als Ärzte- und Pharmapartei agierende FDP war hierbei ausgeschlossen 
worden, obwohl sie im Bund mitregierte. Die Reform stellte einen teilweise 
erfolgreichen Versuch dar, die Rechte und die Verhandlungsmacht der Ver-
bände von Ärzten und Pharmaindustrie einzudämmen. 
Die meisten gesundheitspolitischen Reformen der Jahre 1980 bis 2000 
bewirkten eine Neuverteilung der steigenden Kosten unter den verschieden 
Beteiligten. Anders als bei der Rentenpolitik wurde hier aber kein Ansatz 
verfolgt, der die Versicherten zur Ergänzung ihrer gesetzlichen Krankenver-
sicherung durch private Versicherungsmodelle aufforderte. Obwohl der Ge-
sundheitssektor durch einen starken Wettbewerb zwischen Krankenhäu-
sern, Ärzten und Pharmaherstellern gekennzeichnet ist, und obwohl durch-
aus einige Wettbewerbselemente eingeführt wurden, hat sich im deutschen 
Gesundheitswesen bislang kein Markt mit privat finanzierten Gütern und 
Dienstleistungen entwickelt. Die klassischen Probleme nichtmarktlicher 
und gemischter, teilregulierter Leistungserbringung (moral hazard,Informa-
tionsasymmetrien und Rosinenpicken) wurden sogar noch gravierender, als 
1992 die streng korporative Ordnung gelockert wurde und sowohl Kran-
kenkassen als auch Versicherungsnehmer größere Wahlfreiheiten erhielten. 
Mittlerweile herrscht Einigkeit darüber, dass institutionelle Fragmentie-
rung und eine redundante Zuständigkeitsstruktur zur Ineffizienz des Ge-
sundheitswesens geführt haben. Allgemeinärzte und örtlich zugelassene Spe-
zialisten werben sich gegenseitig die Patienten ab. Offiziell beschränken sich 
142                                                                                           Roland Czada 
Krankenhäuser auf die stationäre Pflege, obwohl sie in Einzelfällen (wie et-
wa der Chirurgie) auch ambulante Behandlungen vornehmen dürfen. Hin-
zu kommt, dass eine Kooperation zwischen den örtlich niedergelassenen 
Ärzten und Krankenhäusern nicht stattfindet. Ambulante Behandlungen 
und Rehabilitationsmaßnahmen sind institutionell nicht nur auf verschie-
dene Versorgungseinrichtungen, sondern ebenso auf verschiedene Finanzie-
rungssysteme (Krankenversicherer, Rentenversicherer und Berufsgenossen-
schaften) gegründet. Die jüngsten Reformgesetze im Gesundheitswesen ha-
ben versucht, die verschiedenen Ebenen und Bereiche der Versorgung zu 
integrieren. Zwischen Krankenkassen und Reha-Kliniken wurden freie Ver-
tragsvereinbarungen erlaubt und sogar ermutigt, um einen Teil der Zersplit-
terung aufzubrechen. 
Die Gesundheitspolitik geht weiterhin davon aus, dass jeder Bürger 
Zugang zu allen notwendigen Leistungen erhält und Ärzte darüber ent-
scheiden, was ihren Patienten nützt. Die Krankenversicherung formuliert 
kein klar umrissenes Leistungspaket, sondern arbeitet mit Allgemeinbegrif-
fen (wie Krankenhausversorgung, Beratung, Medikament etc.). Erst in 
jüngster Zeit wurden Qualitätssicherung und Prioritätensetzung zum The-
ma. Der Bundesausschuss Ärzte-Krankenkassen soll neuerdings bindende 
Maßnahmen zur Qualitätssicherung ausarbeiten und Kriterien für die An-
gemessenheit bestimmter diagnostischer und therapeutischer Maßnahmen 
entwickeln. Allerdings sind seine pharmazeutischen Direktiven nach einer 
Klage der Pharmaindustrie per EuGH-Urteil vorübergehend ausgesetzt, 
weil sie europäisches Kartellrecht verletzten. Zum Jahresende 2000 wurde 
ein ähnliches Komitee zur Erarbeitung von Qualitätsstandards für den 
Krankenhaussektor eingerichtet. Ein weiteres vordringliches Thema war die 
Planung der Kapazitäten im Gesundheitswesen, insbesondere die Anzahl 
von Zulassungen für niedergelassene Ärzte, die mittlerweile von den Län-
dern reguliert werden. Neuere Pläne, ein Deutsches Zentrum für Qualität in 
der Medizin zu errichten, sind bei Ärzten und Pharmaherstellern 2003 auf 
scharfen Widerstand gestoßen, da sie dies als Rückfall in den Staatssozialis-
mus der DDR ansehen. 
Die Einführung von Höchstausgaben (Budgetierung) wurde von den 
Ärzten ebenfalls als verkappte Prioritätensetzung verstanden. Sie argumen-
tieren, dass dies zu Rationierungen und Qualitätsverschlechterungen führen 
würde. In der Vergangenheit wurden Qualitätsfragen sowohl von einzelnen 
Ärzten als auch von deren Verbänden behandelt. Das politische Ziel einer 
individuellem Urteil und zunftmäßiger Selbstregulierung entzogenen Quali-
tätskontrolle muss im Kontext eines kontinuierlichen Kostenanstiegs im 
Gesundheitswesen gesehen werden. Der Anstieg der durchschnittlichen Bei-
tragssätze der Krankenversicherung von 13,5% auf 14% des Vorsteuerein-
kommens brachte 2002 erneut Kostendämpfungsmaßnahmen auf die Ta-
gesordnung. 2003 entstand vor diesem Hintergrund eine neue informelle 
große Gesundheitskoalition aus den regierenden Sozialdemokraten und der 
oppositionellen Union. Gewerkschaften und Arbeitgeber sprachen sich in 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               143 
seltener Einmütigkeit sogar für die Abschaffung der Kassenärztlichen Verei-
nigungen aus, die als Abrechnungsstelle zwischen den einzelnen Ärzten und 
den Krankenkassen fungieren und somit eine direkte Kontrolle der Ge-
sundheitsdienstleister durch die Kassen verhindern. Wie der Kompromiss 
von Lahnstein 1992 gezeigt hat, kann eine große Koalition in der Gesund-
heitspolitik das legislative Veto des Bundesrates überwinden und die Ein-
flussnahme von gut organisierten Gruppierungen wie etwa den Krankenkas-
sen, Ärzten und Pharmaherstellern minimieren. Der neuerliche zwischen-
parteiliche Konsens reichte aber wiederum nicht zu einer institutionellen 
Reform oder zu einer Prioritätensetzung bei bestimmten Behandlungen und 
Arzneimitteln. Stattdessen werden neue, marktkonforme Anreizsysteme 
eingeführt. Das Krankengeld soll zur Entlastung der Arbeitgeberseite künf-
tig nur noch aus Versicherungsbeiträgen der Arbeitnehmer finanziert wer-
den. Patienten müssen für die allgemeinärztliche Versorgung eine Zuzah-
lung von zehn Euro pro Quartal an den Hausarzt leisten. Es wird erwartet, 
dass dadurch die Eingangskontrolle der Hausärzte verstärkt wird, zumal 
weitere Zuzahlungen von Spezialärzten erhoben werden, sofern sie keine 
Überweisung des Hausarztes vorliegt. Die Pläne beinhalten auch weitere 
Zuzahlungen für Zahnprothesen, Einschnitte in Mutterschafts- und Sterbe-
geld sowie eine Senkung der Leistungen für Eltern, die ihre kranken Kinder 
betreuen.
3
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die maßgeblichen Akteure 
in der Gesundheitspolitik überwiegend auf inkrementelle Maßnahmen wie 
Budgetierungen, Zuzahlungen und Wettbewerbsanreize gesetzt haben. Erst 
neuerdings fordern führende Politiker aller Parteien radikalere Reform-
schritte wie etwa eine allgemeine Bürgerversicherung oder ein "Kopfprä-
mienmodell", die um private Versicherungsleistungen ergänzt werden. 
6. Rentenpolitik 
In der Rentenpolitik überwiegen seit Gründung der Bundesrepublik Partei-
enkonkordanz und Korporatismus. Erst ab Mitte der 90er Jahre kam es zu 
erheblichen, letztlich nicht auflösbaren rentenpolitischen Kontroversen. Aus-
löser waren akute Finanzkrisen aufgrund der Abnahme der Beitragszahler 
bei gleichzeitiger Zunahme der Rentenempfänger in Ostdeutschland. Der 
Vereinigungseffekt lässt sich daran ablesen, dass hohe Überschüsse im Wes-
ten bis weit über das Jahr 2016 hinaus Defizite im Osten ausgleichen müs-
sen (Tabelle 2). Das Ausmaß des Rentendefizits im Osten in Höhe von 
                                                       
3
 Gemäß § 45 SGB werden Eltern beurlaubt, um ihre kranken Kinder zu betreuen. Für jedes 
Kind, das behindert oder  unter 12 Jahre ist, können beide Elternteile jeweils zehn Tage be-
zahlte Beurlaubung beanspruchen, wenn das Kind krank ist. Alleinerziehende sind zu 20 Ta-
gen Beurlaubung berechtigt. Die Krankenkassen zahlen 70% des Bruttoverdienstes, aber nicht 
mehr als 90% des Nettoverdienstes. Wenn der Arbeitsvertrag Elternbeurlaubung nicht aus-
schließt, kommt die Lohnfortzahlung zum Tragen. 
144                                                                                           Roland Czada 
mehr als 13 Milliarden Euro im Jahre 2003 wird daran deutlich, dass im 
selben Jahr Ersparnisse von fünf Milliarden Euro ausgereicht hätten, um die 
Beiträge der Gehaltsempfänger 2004 unterhalb von 20 Prozent zu stabilisie-
ren, ohne die realen Renteneinkommen zu kürzen. Neben vereinigungsbe-
dingten, kurzfristigen Stabilisierungsmaßnahmen machen auch die demo-
graphischen Veränderungen größere Modifikationen im etablierten Bis-
marckschen Modell erforderlich. Die Reformen von 1997, 1998, 1999, 
2001 und 2003 bedeuten beachtliche Einschnitte in zukünftige Rentenan-
sprüche und ebnen so den Weg für ein neues System, das die gesetzliche 
Rentenversicherung mit privaten Altersrücklagen kombiniert. 
Tabelle 2: West-Ost Transferbilanz der Rentenversicherungsträger* 
 
Ausgaben minus Einnahmen (Mrd. EURO) 
Jahr 
Westen 
Osten 
Gesamt 
1999 
  9,3 
  -4,4 
 4,9 
2000 
  6,5 
  -5,9 
 0,6 
2001 
  6,5 
  -6,5  
 0,1 
2002 
  9,7 
-13,4 
-3,8 
2003 
14,5 
-13,2 
 1,3 
2004 
15,4 
-13,6 
 1,8 
2005 
15,2 
-14,0 
 1,3 
2006 
15,1 
-14,2 
 0,9 
2007 
15,1 
-14,2 
 0,9 
2008 
15,6 
-14,5 
 1,1 
2009 
16,0 
-14,9 
 1,0 
2010 
16,7 
-15,3 
 1,4 
2011 
16,6 
-16,0 
 0,6 
2012 
15,8 
-16,7 
-0,9 
2013 
17,4 
-17,1 
 0,3 
2014 
18,8 
-17,7 
 1,1 
2015 
19,4 
-18,4 
 1,0 
2016 
20,9 
-19,1 
 1,8 
* 2002 - 2016 Expertenschätzungen 
Quelle: Rentenversicherungsbericht 2002. Deutscher Bundestag, Drucksache 15/110, 
S. 62; 111, 112. 
Die Rentenreform von 1989, die 1992 in Kraft trat, wurde noch von einer 
großen Koalition der Parteien, Gewerkschaften und Arbeitgeber unterstützt 
und folgte somit dem Konsensmodell. Um Finanzierungsprobleme zu lö-
sen, die aus dem demographischen Wandel in Westdeutschland folgen, 
wurden Rentensteigerungen nicht mehr nach dem Zuwachs der Bruttover-
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               145 
dienste, sondern nach dem Nettoeinkommen bemessen. Diese Maßnahme 
bewirkte, dass künftige Renten langfristig auf 70 Prozent des durchschnittli-
chen Nettoverdienstes begrenzt werden. Wie sich später zeigte, war dies nur 
der Anfang aufeinander folgender Einschnitte. 1996 wurde die Kommission 
Fortentwicklung der Rentenversicherung ins Leben gerufen. Den Empfehlun-
gen dieser Kommission folgend wurden die Rentenbezüge zwischen 1999 
bis 2030 schrittweise von 70 auf 64 Prozent des Nettoverdienstes abgesenkt. 
Auf diese Weise wollte man den Auswirkungen von Vereinigung, Arbeitslo-
sigkeit und Frühverrentung entgegenwirken.
4
Diesmal leistete die sozialde-
mokratische Opposition mit Unterstützung der Gewerkschaften erhebli-
chen Widerstand - nicht zuletzt aufgrund der Bundestagswahl, die nur 
zehn Monate später stattfand. Am 11. September 1997 verabschiedete der 
Bundestag eine Rentenreform erstmals seit Gründung der Republik ledig-
lich mit der Kanzlermehrheit. Nach ihrem Wahlsieg 1998 hob die neue rot-
grüne Regierung die Rentenreform von 1997 wieder auf. Auch dies war ein 
Novum in der Sozialpolitik der Nachkriegsära und widerlegt Katzensteins 
(1987: 4, 35) Schilderung, wonach die Sozialpolitik in der Nachkriegsrepu-
blik auch im Falle von Regierungswechseln stets unverändert fortgesetzt 
wurde.
Die Rentenpolitik von 1997/98 war indessen nur das Vorspiel eines 
verschärften Parteienwettbewerbs und programmatischer Sprunghaftigkeit: 
1999 zwangen Steuermindereinnahmen die SPD-Regierung, zur Sparpoli-
tik ihrer konservativen Vorgängerin zurückzukehren. Im Gegensatz zu ihren 
Wahlversprechen plante sie, für eine gewisse Zeit von der nettolohnbezoge-
nen Rente abzuweichen und die Rentenhöhe von der Preisentwicklung ab-
hängig zu machen. 2000 wurde dann ein Reformvorschlag verwirklicht, der 
nicht nur die Kürzungen der Kohl-Regierung überstieg, sondern die 
Grundprinzipien des Systems verändern könnte. Die nach dem Minister für 
Arbeit und Soziales benannte Riester-Rente führt eine privat angesparte zu-
sätzliche Altersvorsorge ein. Sie stieß bei CDU/CSU und Gewerkschaften 
auf herbe Kritik. Die Gewerkschaften sperrten sich vehement gegen die 
Tatsache, dass der Übergang zu einer gesetzlich vorgeschriebenen privaten 
Rentenversicherung das traditionelle Prinzip der je hälftigen Finanzierung 
durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber verletzt. Die parlamentarische Oppo-
sition verweigerte sogar jenen Vorschlägen die Zustimmung, die ihren eige-
nen, vor den Wahlen formulierten Plänen entsprachen. In der Konsequenz 
musste die Regierung das Paket erheblich reduzieren, um den Bundesrat 
umgehen zu können. Die SPD musste zudem dem linken Flügel ihrer eige-
                                                       
4
 Die seit 1992 hinzugekommenen Frührentner verursachen eine jährliche Mehrbelastung von 
20 Milliarden DM. Die gesetzliche Rente für vier Millionen Ruheständler in den östlichen 
Bundesländern betrug zwischen 1992 und 1997 jährlich an die 75 Milliarden DM. Die Finan-
zierung dieser durch Frühverrentung und Vereinigung entstandenen Leistungsansprüche 
mussten zwischen den beitragszahlenden Beschäftigten, allen Rentnern (durch Leistungskür-
zungen) und dem Staat bzw. allen Steuerzahlern aufgeteilt werden.  
146                                                                                           Roland Czada 
nen Partei gegenüber substanzielle Zugeständnisse machen, um überhaupt 
eine Bundestagsmehrheit zu erreichen. 
Die Rentenreform 2000/2001 kann als Beispiel für Semisouveränität 
ohne Konsens gelten. Diese Konstellation macht die Regierung für alle Arten 
von politischen Einflussnahmen erpressbar. Trotzdem konnte der Einstieg 
in ein gemischtes Rentensystem erreicht werden, das sich aus einem modifi-
zierten Umlageverfahren und der privaten Riester-Rente zusammensetzt. Be-
züglich der privaten Komponente sind die Beschäftigten aufgefordert, bis zu 
vier Prozent ihres Einkommens (mit steigenden Raten von 0,5% für 2001 
bis zu 4,0% für 2008) für die private Vorsorge oder Betriebsrente aufzu-
wenden. Die privaten Rentenversicherungsträger müssen gewissen Kriterien 
genügen, um entsprechende Policen anzubieten. Im Gegensatz zur Bis-
marckschenTradition sind Bezüge künftig zu versteuern. Auch führte die 
Regierung Reformen ein, um die Alterssicherung von Frauen zu verbessern. 
Dabei werden die Jahre geringen Verdienstes aufgrund der Kindererziehung 
neu bewertet. Müttern, die keiner Teilzeitbeschäftigung nachgehen konn-
ten, werden dennoch Rentenansprüche für diese Zeit gewährt. 
Trotz ihrer Abweichungen vom bisherigen Modell konnte die Renten-
reform 2000 die langfristigen finanziellen Probleme, die sich aus dem de-
mografischen Wandel ergeben, nicht lösen. Ende 2001 wurde die so ge-
nannteRürup Kommission (Kommission für Nachhaltigkeit in der Finanzie-
rung der sozialen Sicherungssysteme) eingerichtet, um die langfristigen fi-
nanziellen Aspekte der Renten- und Krankenversicherungskrise erneut an-
zugehen. Ihre Empfehlungen beinhalteten die schrittweise Heraufsetzung 
des Rentenalters von 65 auf 67 Jahre im Zeitraum von 2011 bis 2035, fi-
nanzielle Abstriche bei Frühverrentung und eine weitere Absenkung der 
jährlichen Rentensteigerungen. Die Mehrheit der 26 Kommissionsmitglie-
der - hauptsächlich aufgrund ihres Fachwissens und ihrer Affinität zur SPD 
oder den Grünen ausgewählt - unterstützten die Empfehlungen des Ab-
schlussberichts zur Sicherstellung der Gerechtigkeit zwischen den Generati-
onen und zur Begrenzung zukünftiger Belastungen der sozialen Sicherheits-
systeme. Lediglich jene Kommissionsmitglieder, die den Gewerkschaften 
nahe standen, sprachen sich gegen diese Vorschläge aus. 
Im August 2003 berichtete die Rürup-Kommission, dass die Rentenre-
form von 1989/1992 bereits Leistungseinschnitte von effektiv 30 Prozent 
bezogen auf das Leistungsniveau im Jahr 2030 mit sich gebracht habe. Die 
Riester-Reform von 2000 bewirkt zusätzliche Einschnitte von sieben Pro-
zent. Weitere Veränderungen wie die Heraufsetzung des Rentenalters wür-
den noch einmal Einschnitte von drei Prozent ausmachen. Wenn man den 
Leistungsanspruch der Rentengesetzgebung von 1989 mit dem aus dem 
Jahre 2003 vergleicht, zeigt sich, dass die gesetzlichen Renten des Jahres 
2030 bereits um insgesamt 40 Prozent gekürzt wurden (Berliner Zeitung 
2003: 29) Deshalb ist die private Zusatzversicherung für jeden Bürger unter 
der Altersgrenze von 50 Jahren de facto obligatorisch geworden. Die Leis-
tungseinschnitte im Zusammenhang mit der zunehmenden Steuerfinanzie-
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               147 
rung bedeuten auf der anderen Seite, dass die Versicherten weniger in die 
gesetzliche Rentenversicherung einzahlen müssen. Anstelle von 30% des 
Bruttoverdienstes im Jahr 1992 sind es nunmehr 22 Prozent für das Jahr 
2003. Die Ersparnisse sollen verbunden mit staatlichen Ergänzungen in pri-
vate oder unternehmensbezogene Rentenpläne einfließen. Damit befindet 
sich der Bismarcksche Wohlfahrtsstaat mit seiner allumfassenden, arbeitsbe-
zogenen, gesetzlichen Sozialversicherung langfristig auf dem Rückzug. Noch 
ist sich die Öffentlichkeit der neuen Mischung aus privater und gesetzlicher 
Absicherung nicht bewusst geworden, zumal sie in ihrem vollen Ausmaß 
erst zukünftige Generationen von Rentnern betrifft. 
7. Schlussfolgerungen 
Über die Zukunft der Sozialpolitik in Zeiten der Globalisierung und neoli-
beralen Wohlfahrtsstaatskritik ist viel geschrieben worden. Es gibt fast eben-
so viele Interpretationen wie Wissenschaftler.
5
 In der Auseinandersetzung 
mit Reformpolitiken in verschiedenen europäischen Ländern wurde insbe-
sondere die relative Stabilität nationalstaatlicher wohlfahrtspolitischer 
Handlungsmuster und institutionelle Persistenz zum Streitpunkt. Cox 
(2001) zeigt in einem Vergleich der dänischen und niederländischen mit 
den deutschen Sozialreformen, dass deren Erfolg nicht nur von den institu-
tionellen Handlungsbedingungen und politischen Kräfteverhältnissen, son-
dern auch von der Wahrnehmung des Problemdrucks bei den relevanten 
Akteuren abhängt. 
Alber (2000) unterscheidet sechs Ansätze zur Erklärung der Triebkräfte 
und Richtung des Wandels in Deutschland. Eine Interpretation behauptet 
eine konservative Transformation des Wohlfahrtsstaates, wonach in den ver-
gangenen Jahrzehnten Verantwortlichkeiten vom Staat auf den Markt und 
die Familie übertragen wurden. Folgt man Borchert (1995) und Lessenich 
(1996), so geht diese Entwicklung von neuen politischen Prioritäten aus, 
die sich aus der Vereinigung und der Standortpolitik(die auf die Attraktivi-
tät für Unternehmensinvestitionen abzielt) ergeben. Ähnlich äußert sich 
auch Seeleib-Kaiser (2002) und lenkt den Blick auf eine Tendenz zur ver-
mehrten Reintegration und neue workfare statt welfare Politiken, die aus 
den Folgen des globalen Wettbewerbs resultiere. Den genannten Analysen 
zufolge haben sich die auf Erwerbsarbeit beruhenden, beitragsfinanzierten, 
korporatistischen Versicherungssysteme als viel widerstandsfähiger bewiesen 
als die Systeme der allgemeinen Sozialfürsorge. Nullmeier/Rüb (1993) stel-
len heraus, dass das Bemühen um steuerliche Konsolidierung redistributive 
Themen von der politischen Agenda verdrängt habe. Insbesondere wurden 
                                                       
5
 Pierson 1996; Leibfried/Pierson 1995; Esping-Andersen 1996; Leibfried/Obinger 2003; 
Schmidt (Hg.) 2001; Rieger/Leibfried 2002;  Scharpf/Schmidt 2000; Wilensky 2002; Leib-
fried/Wagschal 2000. 
148                                                                                           Roland Czada 
aus ihrer Sicht postindustrielle Themen wie Geschlechtergerechtigkeit oder 
Mindestlohnregelungen vernachlässigt. Andere Autoren machen eine Verla-
gerung von nachfrageorientierten Politiken hin zu einer budgetgesteuerten 
Leistungsstruktur (Rothgang 1994) aus, die von neuen Managementin-
strumentarien begleitet werde (Blanke 2001). 
Zweifelsohne waren sozialpolitische Reforminitiativen in den 90er Jah-
ren besonders zahlreich und - mit Ausnahme der Gesundheitspolitik - von 
geringem Erfolg gekennzeichnet (Kania/Blanke 2000). Nach Jahrzehnten 
korporatistischer Politikgestaltung und ihrem letzten Triumph in der Zeit 
kurz nach der Vereinigung sind die nachfolgenden Jahre durch eine Krise 
der Konsensdemokratie und der sektoralen Selbstregulierung gekennzeich-
net. Aus politikwissenschaftlicher Perspektive ist der deutsche Wohlfahrts-
staat im Jahre 2003 stärker von staatlicher Intervention und Wettbewerbs-
elementen geprägt, als es Katzenstein (1987) für die frühen 80er Jahre be-
schrieben hatte. Staatliche Regulierungen und steuerfinanzierte öffentliche 
Beihilfen nahmen ebenso zu wie Belastungen der Versicherungsnehmer. 
Trotzdem ist der Anteil der gesetzlichen Sozialbeiträge an der Gesamtfinan-
zierung abgesunken - und dies trotz einer Serie von Beitragsanhebungen. 
Ingesamt erscheint besonders bemerkenswert, wie rapide die Fähigkei-
ten zu sektoraler Selbststeuerung und die entsprechenden Selbstorganisati-
onspotenziale abgenommen haben. Das deutsche Modell ist nicht mehr 
"Beispiel dafür, wie die Regierung Gesetze auf den Weg bringt und dann 
ohne größere Einmischung Ärzten und Krankenkassen zur Ausführung ü-
berlassen kann" (Glaser zit. n. Katzenstein 1987: 184).Aufgrund zuneh-
mender Konflikte unter den beteiligten Verbänden über die Verteilung ei-
nes schrumpfenden Kuchens gilt dies ähnlich für alle Bereiche der Sozialpo-
litik. 
Noch immer "beschränkt ein eng gewobenes institutionelles Netz die 
Durchsetzung von politischen Initiativen, die nur von einem Akteur getra-
gen werden" (Katzenstein 1987: 1992). Ob der daraus folgende Konsens-
zwang auch heute noch zu angemessenen inkrementellen Problemlösungen 
führt wie in den Zeiten des Wachstums, muss dagegen bezweifelt werden. 
Die 90er Jahre sind mehr durch die Abfolge "Versuch, Scheitern und 
Kurswechsel" sowie eine Ausdehnung des staatlichen Einflusses geprägt als 
von korporatistischem Inkrementalismus. Der Zusammenhang von Semi-
souveränität und inkrementellen Problemlösungen setzt die politische Ein-
bindung von Spitzenverbänden und die Fähigkeit zur Selbstregierung auf 
Seiten der Organisationsgesellschaft voraus. Dies betrifft auch die binnenor-
ganisatorische Integration der Verbände. Wenn die Spitzenverbände nicht 
mehr in der Lage sind, die Ressourcen ihrer Mitgliedsverbände oder indivi-
duellen Mitglieder für die Unterstützung einer korporatistisch ausgehandel-
ten Politik zu mobilisieren, wird der Elitenkonsens funktionslos. In dieser 
Hinsicht erscheint die schleichende Dezentralisierung der Beziehung zwi-
schen den Sozialpartnern als ein Hauptproblem. 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               149 
Während der 90er Jahre fiel der Organisationsgrad in den DGB-
Gewerkschaften von 28,1 (1990) auf 17,3 (2000) Prozent (Netto-Organisa-
tionsgrad ohne die Mitglieder im Ruhestand, Ebbinghaus 2002). Gleichzei-
tig sank der Anteil junger Mitglieder (unter 25) am Gesamtbestand von 
11,5 auf 5,3 Prozent. Die Mitgliedschaft in Arbeitgeberverbänden hat ähn-
lich abgenommen. Sie fiel in der Metall- und Elektroindustrie von 45,2 
(1991) auf 30,9 (2000) Prozent. In Ostdeutschland lag sie 2000 sogar nur 
bei 12,1 Prozent. Wenn man nicht die Anzahl der Firmen, sondern die 
Mitarbeiterzahlen zugrunde legt, so decken die Unternehmerverbände al-
lerdings immer noch 63,3 Prozent der Belegschaften im Westen und 28,9 
Prozent im Osten ab. Gleichzeitig nahm der Geltungsbereich von Flächen-
tarifverträgen ab. 2000 unterlagen weniger als die Hälfte und im Osten nur 
ein gutes Viertel aller in der Metall- oder Elektrobranche Beschäftigten ei-
nem Flächentarifvertrag (Ruppert/Koch 2002: 25). Die industriellen Bezie-
hungen entwickeln sich in Deutschland zu einem dezentralisierten System 
mit stärkerer Verankerung auf Unternehmensebene (Schroeder 2000; 
2001). Dieser Übergang bringt Konflikte innerhalb und zwischen den Ar-
beitnehmer- und Arbeitgeberverbänden mit sich und verursacht einen Ver-
lust an Verhandlungsmacht und politischem Einfluss. 
Diese Entwicklung der industriellen Beziehungen lässt vermuten, dass 
die deutsche Verbindung eines "dezentralisierten Staates" mit einer "zentra-
lisierten Gesellschaft", wie sie von Katzenstein (1987) zurecht hervorgeho-
ben wird, nicht mehr gilt. Im Hinblick auf die Arbeitsmarktverbände lässt 
der organisierte Kapitalismus in Deutschland starke Dezentralisierungsten-
denzen erkennen. Als Gründe lassen sich sowohl die Dauerkrise im Osten 
als auch eine neue Funktionärsgeneration innerhalb der Unternehmens- 
und Gewerkschaftseliten anführen (vgl. dazu den Beitrag von Schroe-
der/Weinert in diesem Band). Analysen, die stattdessen auf Postmodernis-
mus, Individualisierung und Globalisierungseffekte, also auf allgemeine 
Auflösungstendenzen von Organisationsfähigkeit verweisen (Beck 1996), 
mögen zu einer Erklärung beitragen, werden aber einigen Besonderheiten 
des deutschen Falls nicht gerecht. Zunächst vernachlässigen diese allgemei-
nen Erklärungen die Reformpläne der Regierung Kohl vor der Vereinigung, 
die den niederländischen und schwedischen Konzepten ähnelten, aber in 
der Nachvereinigungsphase nicht realisiert werden konnten. Es ist durchaus 
vorstellbar, dass das korporatistische "Modell Deutschland" bei einer Reali-
sierung dieser Wachstumskonzepte und ohne die zusätzliche Belastung der 
Vereinigung von zunächst zehn und später vier Prozent des BIP eine anhal-
tende Wiederbelebung erfahren hätte. 
Zum zweiten haben globale Marktzwänge in anderen Ländern (Schwe-
den, Niederlande) weitreichende korporatistisch ausgehandelte Reformen 
erleichtert, weil sich unter dem Druck eines verschärften internationalen 
Wettbewerbs der dazu notwendige innenpolitische Konsens leichter herstel-
len ließ. Zum dritten ging die Krise der deutschen Sozialpartnerschaft gera-
de nicht von global operierenden Firmen, sondern von kleinen und mittle-
150                                                                                           Roland Czada 
ren Unternehmen aus. Die Exportindustrie ist nach wie vor stark am Erhalt 
des Flächentarifvertrages interessiert, da er sie vor hohen betrieblichen Ge-
haltsforderungen schützt. Im Gegensatz dazu können sich kleine Unter-
nehmen die Gehälter, die in der Exportindustrie gezahlt werden, nicht leis-
ten und ziehen deshalb Verhandlungen auf der Ebene des Unternehmens 
vor. Daher haben sich die Flächentarifverträge in den großen Firmen gehal-
ten und decken nach wie vor die Mehrheit der Beschäftigten ab. 
Anders als in Schweden, Österreich oder den Niederlanden konnte die 
korporatistische Politik in Deutschland nicht zuletzt deshalb so schnell ero-
dieren, weil der semisouveräne Staat nicht in der Lage war, den Wohlfahrts-
staat und die Beziehungen zwischen den Sozialpartnern auf die aus Vereini-
gung und Globalisierung resultierenden neuen Herausforderungen einzu-
stellen (vgl. die Beiträge von Jochem, Schroeder/Weinert und Aust/Leitner 
in diesem Band). Anders als in Schweden, den Niederlanden und Öster-
reich gelang es der Bundesregierung nicht, ein korporatistisches Bündnis 
mit den Spitzenverbänden der Sozialpartner zu schmieden. Vor allem war 
sie angesichts gegenläufiger Mehrheiten in Bundestag und Bundesrat nicht 
in der Lage, die gesetzgeberische Umsetzung eines solchen Arrangements zu 
gewährleisten (Czada 2003a). Gegen Ende der 90er Jahre war Gewerkschaf-
ten und Arbeitgebern bewusst geworden, dass Paketlösungen, die in Spit-
zenverhandlungen diskutiert wurden, angesichts eines verschärften Partei-
enwettbewerbs im anschließenden Gesetzgebungsprozess jederzeit scheitern 
konnten.
6
Nie zuvor standen sich nämlich entgegengesetzte Mehrheiten in 
Bundestag und Bundesrat über so lange Zeit und so wenig kompromissbe-
reit gegenüber wie in der zweiten Hälfte der 90er Jahre. Darüber hinaus war 
es im Zweieinhalbparteiensystem der ersten Nachkriegsjahrzehnte mit nur 
drei möglichen Koalitionen einfacher, verlässliche strategische Kompromisse 
zu finden. Nach 1990, mit einem System von fünf maßgeblichen Parteien 
in 16 Bundesländern und unter dem Eindruck eines Dauerwahlkampfes, 
waren die Rahmenbedingungen komplizierter und polarisierter. 
Ab Mitte der 90er Jahre litt der korporatistische Inkrementalismus un-
ter der institutionellen Segmentierung des politischen Systems und der ab-
nehmenden Handlungsfähigkeit der Bundesregierung und der Spitzenver-
bände. In der Konsequenz suchte die Regierung Schröder nach neuen Pfa-
den, um nicht nur Unberechenbarkeiten der korporatistischen Arena, son-
dern auch legislative Vetopositionen zu umgehen. Darüber hinaus versuchte 
sie, die etablierten Netzwerke in den Politikfeldern Gesundheit, Rente, Ar-
beitslosigkeit und Sozialhilfe aufzulockern. Die neue Strategie strebte eine 
Konsensmobilisierung durch eigens eingerichtete Kommissionen an. Ihr 
Einsatz als Sachverständigengremium ist für das bundesdeutsche politische 
System bei weitem nichts Neues. Bislang sind alle größeren wohlfahrtsstaat-
                                                       
6
So mancher Verbandsführer wie z.B. Olaf Henkel (BDI) scheint zum ersten Mal die Erfah-
rung gemacht zu haben, was Semisouveränität in einer Situation bedeutet, in der nur geringe 
Chancen bestehen, institutionellen Glaubenseifer durch zwischenparteilichen Konsens zu um-
schiffen (Lehmbruch 2000: 93). 
Die neue deutsche Wohlfahrtswelt                                                               151 
lichen Reformen durch Kommissionen unterstützt worden. Die Regierung 
Schröder jedoch nutzt diese nicht nur als Beratungsgremien, sondern als 
zeitlich begrenzte Arenen, in die politische Debatten um- und abgeleitet 
werden, wo die öffentliche Meinung ausgetestet wird und über die Druck 
auf Opposition, Landesregierungen und Interessenverbände ausgeübt wer-
den kann. In Zeiten institutioneller und konzeptioneller Ungewissheit mag 
die Verwendung der von der Regierung eingesetzten Experten- und Stake-
holder-Kommissionen einen gangbaren Weg darstellen, die Autorität der 
Regierung zu sichern. Wenn man sich die Implementierung der Hartz-
Vorschläge oder den Einfluss der Hartz- und Rürup-Kommissionen auf die 
Reformdebatte zur Agenda 2010 ansieht, so wirken diese ähnlich wie zum 
Beispiel die frühere Bundesbank als politische "Stoßdämpfer", die zur legi-
timatorischen Entlastung der Regierung beitragen. Darüber hinaus gibt das 
Recht zur Einsetzung, Berufung und Auflösung von Kommissionen der 
Bundesregierung viel stärkere Möglichkeiten, die Fäden in der Hand zu hal-
ten, als dies in korporativen Verhandlungen möglich war. Das Regieren ü-
ber Kommissionen kommt auch Schröders Neigung zu populistischen 
Wenden und einem ganz auf seine Person bezogenen Regierungsstil entge-
gen. Schröder kultiviert sein Image als Macher und Kommunikator. Dieser 
Ansatz ist allerdings mit den Imperativen des Regierens in einem semisouve-
ränen Staat nur schwer vereinbar. Wie Grande (2000) herausstellt, ist die 
Mediendemokratie kaum mit der Intimität und Diskretion korporativer 
Politikgestaltung zu vereinbaren. Insofern mag das Regieren durch Kom-
missionen nicht nur aus den Notwendigkeiten einer weniger organisierten 
und zentralisierten Gesellschaft entstanden sein, sondern entspricht auch 
dem neuen Stil der politischen Konsensmobilisierung in einer "Mediende-
mokratie".
Studien über die "neue" Wohlfahrtspolitik (Pierson 1994; Esping-
Andersen 1990, 1996) betonen die politischen Grenzen, die umfassenden 
Strukturreformen und Sozialausgabenkürzungen entgegenstehen. Sie gehen 
davon aus, dass institutionelle Pfadabhängigkeiten und die Popularität 
wohlfahrtsstaatlicher Programme eine Politik der kleinen Schritte erforder-
lich machen. Selbst vergleichsweise handlungsfähige Mehrheitsregierungen 
zögern, die alleinige Verantwortung für große sozialpolitische Einschnitte zu 
übernehmen, weil dies ihre Wiederwahlchancen schmälern würde. Das Zu-
sammenspiel von Semisouveränität, Parteienkonkordanz und korporatisti-
scher Interessenvermittlung, wie sie Katzenstein (1987) für die "Bonner Re-
publik" beschreibt, begünstigte einen insgesamt reibungslosen, berechenba-
ren Inkrementalismus. Die neue "Berliner Republik" ist demgegenüber von 
einem Verfall der Sozialpartnerschaft, abnehmender sektoraler Selbstregulie-
rung und einem intensivierten Parteienkonflikt geprägt. Zudem ist der Par-
teienwettbewerb mit dem Aufkommen der Grünen und der PDS und der 
Vielzahl unterschiedlicher Koalitionen in nun 16 Bundesländern kompli-
zierter geworden. Das politische Blockadepotenzial des Bundesrates hat ü-
berdies zur Folge, dass jede Landtagswahl bundespolitisches Gewicht ge-
152                                                                                           Roland Czada 
winnt, mit dem Ergebnis eines nationalen Dauerwahlkampfes. Die Mobili-
sierung von Reformkonsens ist vor diesem Hintergrund ungleich schwieri-
ger als in der alten "Bonner Republik". Auch wenn der institutionelle Kon-
senszwang und die hergebrachte Konsensorientierung in Parteien und Ver-
bänden fortwirken, gestaltet sich die inkrementalistische Politikentwicklung 
nun weniger reibungslos und weniger berechenbar. 
(Übersetzung aus dem Englischen von Thomas R. Eimer) 
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